Werden Feenkreise von gleich zwei Akteuren hergezaubert?

So sieht es etwa in Namibia über riesige Flächen aus: kahle Kreise mit üppig bewachsenem Rand.
So sieht es etwa in Namibia über riesige Flächen aus: kahle Kreise mit üppig bewachsenem Rand.(c) Je Guyton
  • Drucken

Ob die seltsamen Strukturen von Pflanzen geschaffen werden oder von Tieren, ist umstritten. Nun kommt eine schlichtende Sicht.

In vielen Regionen der Erde gibt es höchst eigenartige Lebensformen, hexagonal – wie Bienenwaben – angeordnete kreisförmige Kahlflächen mit üppig bewachsenen Rändern in sonst spärlich bewachsener Umgebung. Es gibt kleine und große, ihr Durchmesser wächst von Dezimetern bis zu zwölf Metern, die kommen mit dem Altern, mit etwa 60 Jahren „sterben“ die Kreise, sie werden überwuchert. Das Ganze ist so großflächig ausgebreitet, dass man es von Satelliten aus sehen kann, und doch besteht es aus stinknormalem Gras. Zuletzt hat man das Phänomen in Australien bemerkt, zuvor in Amerika, zuallererst in Namibia, von dort hat es auch seinen Namen: Feenkreise.

Denn die Indigenen sahen Überirdische am Werk – bzw. Fußabdrücke von ihnen –, daran glaubten die seit den Zwanzigerjahren aus aller Herren Länder angereisten Forscher naturgemäß nicht. Aber gefunden haben sie auch nichts, zumindest keinen Konsens, zwei Fraktionen haben sich ineinander verbissen. Die eine Hypothese läuft über Selbstorganisation der Gräser: Die stehen in den meist trockenen Regionen in harter Konkurrenz um Wasser, deshalb schaffen sie sich eigene Reservoirs, in den Kahlflächen. Dort lockern sie die Erde mit Wurzeln, auf dass alles Wasser sich sammle, am Rand gedeihen sie üppig. Weiter draußen kommt spärlicherer Bewuchs, dann der nächste Kreis.

Selbstorganisation oder Geoingenieure?

Können Pflanzen Landschaften so gestalten? Die Gegenfraktion setzt auf Geoingenieure, Termiten oder Ameisen. Man hat nur lange keine gefunden bei den Feenkreisen, in Namibia war es 2013 so weit: Norbert Jürgens (Hamburg) entdeckte besondere Termiten, Sandtermiten. Die leben viel versteckter als andere, tief unter der Erde haben sie ihre Gärten, in denen sie auf Biomasse Pilze züchten. Sie brauchen hohe Luftfeuchtigkeit im Bau, deshalb lockern sie die Erde im Kreis und halten sie von Wurzeln frei, das Gras am Rand dient als Futter für ihre Pilze.

Jürgens bekam nicht nur Beifall, der Streit wogt, seit geraumer Zeit wollen Corina Tarnita und Robert Pringle (Princeton) schlichten. Nun haben sie einen neuen Anlauf unternommen und an Computern beide Modelle simuliert, das der Selbstorganisation und das der Geoingenieure: Für sich allein kann keines die Kreise bzw. die Flächen dazwischen erklären. Aber im Verbund geht es (Nature 18. 1.). Das letzte Wort wird das kaum sein: Zwar gibt es in Namibia die Termiten, und an amerikanischen Kreisen gibt es Ameisen. Aber in Australien hat man bisher keine Geoingenieure ausgemacht.

Wie auch immer, eines haben Tarnita/Pringle früher unstrittig geklärt: Lange fürchtete man, die Kreise seien Zeichen der Wüstenbildung. Aber sie sind das Gegenteil, sie wehren den Unbilden: Sie kommen mit Erwärmung und Niederschlagsarmut viel besser zurecht als das Umland.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.