Die Wut der Hunde soll ein Ende nehmen

(c) ´Die Presse´/MGM
  • Drucken

Die Weltgesundheitsorganisation will eine der ärgsten Krankheiten – die Tollwut – bis 2030 ausrotten.

Die mörderischste aller Krankheiten devastiert nicht nur den Körper, sie ändert auch das Verhalten ihrer Opfer – sei es ein Tier oder ein Mensch – so, dass sie das Leiden nach Kräften verbreiten, sie werden aggressiv, beißen um sich. Und sie haben Schaum vor dem Maul, in ihm konzentrieren sich die Krankheitserreger, und sie sorgen dafür, dass er vor das Maul kommt, indem sie das Schluckvermögen unterbinden, aller Speichel geht vorn hinaus.

Der Schrecken wurde früh gefürchtet, man weiß auch lange, dass er vor allem von Wölfen kommt, und von Hunden: Das arabische Wort für das Leiden bedeutet „Verwandlung in einen Hund“, im Deutschen hieß es „Hundewut“. Gegenmittel gab es nicht, auch der österreichische Militärarzt Matthäus Mederer, der seiner Verdienste um die Abwehr der Tollwut wegen 1789 von Kaiser Joseph II. zum „von Mederer und Wuthwehr“ geadelt wurde, fand kein wirkliches. Das gelang erst Louis Pasteur, er entwickelte einen Impfstoff, der auch noch wirkt, wenn er kurz nach einem Biss verabreicht wird, 1895 heilte er ein Kind damit.

59.000 Opfer im Jahr, viele in Afrika

Aber der Impfstoff ist dort nicht leicht zugänglich, wo die Wut heute noch wütet: In Afrika und Indien, geschätzte 59.000 Menschen sterben im Jahr daran. Das sind, verglichen mit Malaria und Aids, wenige, aber wer gebissen ist und nicht rasch geimpft werden kann – weil es meilenweit keinen Impfstoff gibt oder die Opfer kein Geld dafür haben –, ist ausnahmslos dem Tod geweiht, und zwar einem extrem schmerzhaften.

Deshalb will die Weltgesundheitsorganisation WHO das Leiden bis zum Jahr 2030 ausrotten, auf dem Weg, auf dem viele Regionen, Österreich etwa, tollwutfrei geworden sind: durch Impfen der Hunde. Das Ausrotten einer Krankheit ist möglich – es ist bei den Pocken gelungen und bei der Rinderpest –, aber mühsam: Seit Jahrzehnten versucht man es bei der Kinderlähmung, Polio, es gibt immer wieder Rückschläge. Die wird es auch bei der Tollwut geben, wenngleich Anfänge gelungen sind: 2002 begannen erste Impfungen von Hunden, in Tansania, sie dienten nicht dem Schutz von Menschen, sondern dem von Tieren: Die Tollwut bedrohte Wildhunde im Serengeti-Park.

Davon profitierten auch Menschen, das brachte Schwung (und Geld), in Tansania sind inzwischen 500.000 Hunde geimpft (Science 355, S. 239). Allerdings wird, auch wenn alles nach Plan geht, die Tollwut nie ganz verschwinden. Sie hat zu viele Wirte, von Füchsen bis zu Katzen, selbst Fledermäuse werden befallen – und wüten: Die jüngsten Opfer in den USA waren Biologen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.