Warum die Wirkung von LSD so lang anhält

Wenn LSD (magenta) an den Serotonin-Rezeptor bindet, legt der einen Bügel (orange) darüber.
Wenn LSD (magenta) an den Serotonin-Rezeptor bindet, legt der einen Bügel (orange) darüber.(c) Bryan Roth, UNC
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Die Kristallstruktur des Halluzinogens und seines Rezeptors ist geklärt und erklärt, warum Trips kein Ende nehmen: Wenn die Droge an den Rezeptor bindet, lässt er sie nicht mehr los.

Wenn das Stichwort „Fahrradtag“ fällt und damit der 19. April gemeint ist, dann werden manche ganz verklärt, andere wollen lieber nicht erinnert werden: Am 19. April 1943 testete der Pharmakologe Albert Hofman etwas, was er 1938 synthetisiert hatte, ein Derivat der Lysergsäure. Er hoffte auf ein Kreislaufmedikament, aber seine Versuchsmäuse wurden nur unruhig, der Wirkstoff kam in den Fundus. Am 19. April 1943 holte ihn Hofman heraus und kostete davon, dann setzte er sich auf sein Fahrrad und fuhr nach Hause.

„17.00 Uhr. Beginnender Schwindel, Angstgefühl, Lähmungen“, protokollierte er später: „Schwerste Krise. Meine Umgebung hatte sich in beängstigender Weise verändert.“ Ein „Dämon“ versetzte ihn erst in Angst und Schrecken, beglückte ihn dann mit einem „unerhörten Farbenspiel“. Damit war LSD in der Welt, eines der härtesten Halluzinogene. Nicht nur Drogenfreunde experimentierten damit, auch das US-Militär und die CIA taten es, es gab Tote. Die gab es auch in den 1960er-Jahren, als Timothy Leary einen Kult um die bewusstseinserweiternde Wirkung inszenierte.

Dann kam diese Droge aus der Mode, mit den 1990er-Jahren kehrte sie wieder zurück. Einige Psychologen experimentieren damit, sie hoffen auf Medikamente gegen Depression und Drogensucht. Zu ihnen gehört Franz Vollenweider (Zürich), er ist gerade zu dem nicht allzu überraschenden Befund gekommen, dass man manche Musik ganz anders wahrnimmt, wenn man LSD im Gehirn hat (Current Biology 26. 1.).

Auch andere experimentieren damit, in Silicon Valley etwa wird LSD in Mengen genommen, die keine halluzinogene Wirkung haben: Dieses „microdosing“ soll die Kreativität heben. Ob es das tut, ist unbekannt, fest steht, dass eines der Mirakel von LSD darin liegt, dass die Wirkung extrem lang anhält, ein Trip kann sich über einen Tag ziehen. Wie das geht, das hat nun Bryan Roth (University of North Carolina) gezeigt: Ihm und seinem Team ist es nach zwei Dutzend Jahren mühsamster Arbeit gelungen, die Kristallstruktur von LSD zu klären. Und nicht nur sie, sondern auch die des Rezeptors im Gehirn, an den LSD bindet. Es ist der für den Neurotransmitter Serotonin. Bindet das an ihn, passiert nicht viel, der Neurotransmitter kommt rasch wieder weg.

Möglicher medizinischer Nutzen

Wenn es aber LSD ist, dann faltet sich der Rezeptor bei der Bindung so, dass er einen molekularen Bügel über die Droge legt, sie kommt nur langsam und selten wieder los, das Gehirn hilft sich, indem es den ganzen Rezeptor mit der Droge darin entsorgt (Cell 26. 1.). „Wir empfehlen LSD nicht, es ist sehr gefährlich“, schließt Roth: „Aber es könnte medizinischen Nutzen haben. Und nachdem wir nun die Struktur gelöst haben, werden wir lernen, was LSD so potent macht.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2017)

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