Mit digitalem Zuckertagebuch Diabetes begegnen

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Zucker(c) Die Presse - Clemens Fabry
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Salzburg Research arbeitet an einer App, die Diabetiker geschlechtssensitiv durch den Alltag begleitet. Das bedeutet, dass Frauen und Männer unterschiedliche, für sie maßgeschneiderte Ratschläge bekommen.

Frauen und Männer erleben Krankheiten anders. Besonders der Verlauf chronischer Krankheiten hängt stark davon ab, wie Betroffene ihr Leben zwischen den Arztbesuchen gestalten. Denn dann sind die Patienten auf sich allein gestellt. Im Falle des Diabetes mellitus Typ 2, der meist einem bestimmten Lebensstil geschuldet ist, heißt das, den eigenen Blutzucker zu kontrollieren, das Essverhalten zu dokumentieren, das Körpergewicht zu reduzieren. Das Leben mit Diabetes erfordert von Betroffenen viel Eigenverantwortung und Selbstdisziplin, denn das Verhalten wirkt sich direkt darauf aus, wie viel Schaden die Krankheit im Laufe des Lebens anrichtet.

Es gibt bereits verschiedene Applikationen, die das Leben mit Diabetes erleichtern sollen. Das vom Technologieministerium geförderte Pilotprojekt DIABgender lässt nun aber erstmals auch Unterschiede zwischen den Geschlechtern einfließen. Das Programm wurde von Salzburg Research und der Med-Uni Wien entwickelt und befindet sich derzeit noch in der Testphase. Irgendwann soll es als mobile App Diabetikern das Management ihrer Krankheit einfacher machen. Es ist eine Erweiterung zum EU-Projekt Empower, einer Webapplikation zum umfassenden Diabetes-Selbstmanagement.

Trainingsziele festlegen

Das Ganze funktioniert ein bisschen wie ein Krankheitstagebuch: Der Patient kann jeden Tag Daten wie Blutzucker, Blutdruck, Gewicht und eingenommene Mahlzeiten festhalten, genauso Informationen zu Stimmung und Schlafqualität. Das Programm dient aber auch der Motivation und Bestärkung.

In festgelegten Zyklen von ein bis zwei Wochen können sich die Anwender Ziele, wie zum Beispiel ein bestimmtes Bewegungspensum, setzen. Diese Ziele werden gemeinsam mit dem Arzt vereinbart. Am Ende eines Zyklus wird Bilanz gezogen. Die Daten werden ausgewertet, grafisch dargestellt, und der Nutzer oder die Nutzerin bekommt Feedback, was er oder sie verbessern könnte. Praktisch sind Erinnerungsfunktionen für die Einnahme von Medikamenten oder Blutzuckermessungen. Einerseits hat der Patient so einen guten Überblick über den eigenen Lebensstil und tägliche Gewohnheiten, andererseits erleichtert die Anwendung Ärzten die individuelle Behandlung. Patienten können ihre Eintragungen nämlich auch für diese sichtbar machen.

Wie unterscheidet sich Diabetes nun bei Frauen und Männern? „Die Unterschiede beginnen schon bei den BMI-Richtwerten für Frauen und Männer und reichen bis zu geschlechtsspezifischen Problemen, wie etwa besonders schwankendem Blutzucker bei Frauen in der Menopause“, sagt Manuela Plößnig, die das Projekt als E-Health-Expertin koordiniert hat. Herz-Kreislauferkrankungen, eine häufige Folge von Diabetes, entwickeln sich bei Frauen und Männern anders, oder sie berichten von unterschiedlichen Schlafproblemen.

Neben diesen Fakten wirkt sich auch der unterschiedliche Lebensstil der Geschlechter auf die Gesundheit aus. All diese Informationen, die sich aus Studien, Diabetes-Leitlinien und Erfahrungen von Ärzten zusammensetzen, will DIABgender nutzen, um Männern und Frauen personalisierte Hilfestellungen für den Alltag zu geben.

Ein Ausbau ist geplant, denn was besonders bei Diabetes gut funktioniert, eignet sich natürlich auch für andere chronische Krankheiten, bei denen der Lebensstil eine tragende Rolle spielt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2017)

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