Vorsicht auf der Exoplanetenjagd!

(c) REUTERS (NASA)
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Während sich immer neue Kandidaten in der "habitablen Zone" finden, musste deren Definition gerade stark modifiziert werden: verengt.

Wer jagen will, muss erst einmal das Wild kennen bzw. abschätzen, ob sich die Mühe lohnt. Das gilt auch für Exoplaneten und insbesondere für die, auf denen die Bedingungen für Leben da sind. Die ziehen in der „habitablen Zone“ um ihre Muttergestirne, und das Kriterium für diese Zone war bisher darauf beschränkt, dass es flüssiges Wasser geben muss: Zu nahe dürfen Planeten an ihren Sternen nicht sein, sonst verdampft alles, zu weit entfernt dürfen sie nicht sein, sonst ist alles Eis. Es ist so wie im US-Märchen von Goldilock, einem Mädchen, das sich im Wald verirrt und von einer Bärenfamilie gastfreundlich aufgenommen wird: Das erste Essen ist ihr zu heiß, das zweite zu kalt, erst am dritten findet sie Gefallen, deshalb heißt die habitable Zone auch „Goldilock“.

Nach der sieht der allerneuste Fund gar nicht aus: Astronomen der Carnegie Institution haben Daten durchgemustert, die das Keck-Observatorium auf Hawaii über 30 Jahre lang an 1600 Sternen gesammelt hat, das sind Muttergestirne wie unsere Sonne. Wenn die ein wenig hin und her wackeln, dann ist das ein Hinweis auf Exoplaneten, ihre Gravitation kann das Wackeln verursachen.

Die Carnegie-Forscher wurden mit 100 neuen Kandidaten fündig, einer ist beim Stern Gliese 411, auch Lalande genannt, er ist ein 8,3 Lichtjahre entfernter Roter Zwerg. Und sein Planet ist 3,8-mal so groß wie die Erde (arXiv:1702.03571). Aber er rast in zehn Tagen um seinen Stern, ist ihm damit so nahe, dass er glühen muss, Goldilock würde sich den Mund verbrühen.

Kein Leben bei Proxima!

Ganz anders ist das mit einem Fund vom vergangenen August: Bei Proxima Zentauri, dem mit 4,22 Lichtjahren Entfernung erdnächsten Sonnensystem, wurde ein erdähnlicher Planet gesichtet, der den richtigen Abstand für flüssiges Wasser hat. Leben könnte dort trotzdem keines gedeihen, denn auch Proxima Zentauri ist ein Roter Zwerg. Solche Sterne strahlen periodisch derart extrem im Röntgen- und UV-Bereich, dass nicht nur jedes Leben auf Planeten im Keim erstickt würde, sondern auch jede Atmosphäre sehr rasch zum Entweichen ins All gebracht.

Zu diesem Schluss kommt Nasa-Forscher Vladimir Airapetian, er modifiziert damit den Begriff der habitablen Zone grundlegend, verengt ihn stark: Er hat durchgerechnet, welche Strahlenlasten in welchem Alter von Roten Zwergen ausgehen: Besonders lebensfeindlich für Planeten sind sie in ihrer Jugend, dann kommen die Eruptionen extrem häufig: Proxima Zentauri hätte die Atmosphäre seines Planeten in zehn Millionen Jahren abgeräumt (Astrophysical Journal Letters 6. 2.).

Es heißt also bei der Jagd die Augen noch vorsichtiger offen zu halten. Wer sich beteiligen will, ist bei den Keck-Daten herzlich eingeladen: Die Daten sind öffentlich zugänglich, Auswertungssoftware und Bedienungsanleitung sind es auch (carngiescience.edu/news).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2017)

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