Der Kaiser nahm sogar sein Bett mit

Krönungsreisen als organisatorische Höchstleistung des Hofs: Joseph II. anno 1764 auf dem Weg nach Frankfurt am Main.
Krönungsreisen als organisatorische Höchstleistung des Hofs: Joseph II. anno 1764 auf dem Weg nach Frankfurt am Main.(c) Wikipedia
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Geschichte. Wiener Forscher bieten einen umfassenden Überblick, wie der Wiener Hof in der Frühen Neuzeit funktioniert hat. So lässt sich erstmals auch ein Organigramm über die komplizierten Abläufe zeichnen – und wie sie gemanagt wurden.

Wenn der Kaiser verreiste, fuhren Hunderte Angestellte mit. Diese bereiteten das Unternehmen oft wochenlang vor. Waren die einzelnen Stationen festgelegt, wurden sie vorher abgeritten. Es galt sicherzustellen, dass die Straßen der Belastung Hunderter Pferde standhielten. Ein Teil des Gepäcks wurde in genau nummerierten Transportkisten auf Eseln vorausgeschickt. Ebenso akribisch wurde geplant, was ins Handgepäck kam. Schließlich sollte es dem Kaiser an keiner Annehmlichkeit fehlen, auch sein Bett wurde manchmal mitgenommen.
Das Beispiel verdeutlicht die komplexe Logistik, die für das Leben und Wirken der Habsburger notwendig war. „Der frühneuzeitliche Wiener Hof stellte dafür eine unglaublich gut funktionierende Bürokratie zur Verfügung“, sagt Martin Scheutz vom Institut für Geschichte der Uni Wien.

Jederzeit für Krisen gewappnet

Es sei faszinierend zu verfolgen, wie hohe Beamte wie der Obersthofmeister, der Oberstkämmerer und der Obersthofmarschall als Verwaltungsprofis alle Abläufe planten und wie die jeweils rund 2000 Angestellten zusammenspielten. „Der Wiener Hof war damals einer der wichtigsten Arbeitgeber, bisher wusste man aber überraschend wenig über seine Personalstruktur“, sagt Scheutz. Der Historiker präsentierte nun mit seinem Team erstmals einen Überblick über die Personalstruktur des Wiener Hofs von 1711, dem Beginn der Regentschaft von Kaiser Karl VI., bis 1806, dem Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation: „Uns interessierte, wer die Leute am Hof waren und wie sich ihre Karrieren entwickelten.“
Immerhin entsprach die Mitarbeiterzahl am Hof einem mittelständischen Betrieb von heute. „Schon damals gab es ein Management mit klar festgelegter Personalrekrutierung und straffer Mitarbeiterführung“, sagt Scheutz. Allerdings entschieden oft Familienbande darüber, wer eine der begehrten Stellen am Hof bekam.
Der Wiener Hof sah sich zu dieser Zeit als führend in Europa. Um diese Reputation zu pflegen, musste nicht nur Alltägliches klappen. Standen Krönungsreisen an oder kam ein Botschafter aus Paris oder der Nuntius aus Rom in die Stadt, sorgten die Beamten für ein perfekt funktionierendes Zeremoniell. Darüber hinaus musste man jederzeit für Krisen gewappnet sein. „Es gab exakte Fluchtpläne für eine Pestepidemie. Damit der Kaiser nicht erkrankt oder gar stirbt, musste der Wiener Hof von heute auf morgen die Stadt verlassen“, erzählt Scheutz.
Neben Gegenständen des täglichen Gebrauchs wurden auch die wichtigsten Akten und Urkunden eingepackt. Ein Krisenmanagement, das sich auch bei der Flucht des Hofs vor den Koalitionskriegen gegen Napoleon Ende des 18. Jahrhunderts bewährte.

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