Ein zwergenhafter Ahne

 „Alesi“
„Alesi“REUTERS
  • Drucken

In Kenia hat sich ein 13 Millionen Jahre alter Schädel eines Affen gefunden. Er sieht aus wie ein Gibbon, lebte aber ganz anders.

Reste unserer Ahnen sind so rar, dass es unter Anthropologen schon zu Schlägereien um alte Knochen gekommen ist, immerhin, es gibt sie, Australopithecus etwa in Savannen Ost- und Höhlen Südafrikas. Dort konnten sich Fossilien über vier Millionen Jahre halten, anders ist das in den Regenwäldern: Von den Ahnen unserer Ahnen, den Affen, ist fast nichts mehr da, selbst von frühen Schimpansen, von denen unsere Ahnen sich vor etwa sieben Millionen Jahren getrennt haben, gibt es nur einen einzigen Fund, von noch früheren Affen weit verstreut ein paar Zähne.

Um so erstaunlicher, was der kenianische Fossilienjäger John Ekuyi 2014 in 13 Millionen Jahre altem Gestein beim Turkanasee gesichtet hat, den ziemlich vollständigen Schädel eines Affen. Der kam in die Hände von Isaiah Nengo (New York) und Fred Spoor (Leipzig), die haben ihm erst einen Namen gegeben – nein zwei, wissenschaftlich heißt er KNM-NP 59050, fürs Publikum „Alesi“, das bedeutet im Dialekt der Region „Ahn“ – und vermessen: Der Schädel ist winzig, etwa so groß wie ein Zitrone, und er sieht dem eines heutigen Gibbon erstaunlich ähnlich.

Aber er ist es nicht. Die Forscher haben ihren Schatz im Synchrotron von Grenoble röntgen lassen, von Paul Tafforeeau, dabei zeigte sich, dass der Affe jung war. Er hatte noch Milchzähne – sie gingen bei der Fossilierung verloren –, darunter warteten die erwachsenen, an denen konnte man die täglichen Wachstumsschichten zählen: „Der junge Affe war ein Jahr und vier Monate alt, als er starb“, berichtet Tafforeau.

Im Synchrotron zeigte sich auch, wie winzig das Gehirn war – 101 Kubikzentimeter – und dass dieser Affe ganz anders gelebt haben muss als heutige Gibbons: Die schwingen sich behände durch die Äste, sie halten das Gleichgewicht mit den Ohren bzw. einem Organ darin. Bei Nadeli ist das viel einfacher gebaut, er muss sich bedächtiger bewegt haben (Nature 9. 8.).

Unklar bleibt die Herkunft der Affen

Die Forscher nehmen den Fund als Beleg dafür, dass Menschen und Menschenaffen in Afrika entstanden sind, aber daran gab es auch bisher keine Zweifel. Ungeklärt bleibt die Herkunft der Affen selbst: Die bisher ältesten Funde in Afrika, Zähne in Ägypten, sind 30 Millionen Jahre alt, aber es kommen immer wieder Berichte aus Ostasien, zuletzt aus Myanmar, wo sich 38 Millionen Jahre alte Zähne fanden. Viele Forscher gehen deshalb davon aus, dass die Affen – und damit am Ende wir – dort her kamen. Aber Afrika will das Prestige behalten und die Wiege bleiben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.