Rätselhaftes Eis auf dem Mars

Auch in diesen Kratern wird Wasser am Mars vermutet.
Auch in diesen Kratern wird Wasser am Mars vermutet.(c) AFP (Nasa)
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Neue Auswertungen alter Nasa-Daten zeigen Eisfelder in der Nähe des Äquators. Da dürfte es sie überhaupt nicht geben.

Bisher war es schon mit flüssigem Wasser auf dem Mars schwer genug, jetzt macht auch noch das gefrorene Kopfzerbrechen. Beim flüssigen – und für die Frage nach Leben entscheidenden – liegt das Problem darin, dass es viele Oberflächenstrukturen gibt, die von der Morphologie her an Flüsse und Sedimente erinnern, dass es aber auf dem Mars wohl nie Bedingungen für flüssiges Wasser gegeben hat. Heute ist er dazu viel zu kalt, und seine Atmosphäre ist viel zu dünn.

Und wenn er vor Milliarden Jahren wärmer gewesen wäre, muss seine dichtere Atmosphäre mit Treibhausgasen gefüllt gewesen sein: Die Sonne hatte nur 70 Prozent ihrer heutigen Leuchtkraft. Hauptkandidat für Treibhausgase ist CO2, aber davon haben sich keine Spuren gefunden, sie müssten im Boden sein, im Gestein: Karbonate. Das ist verwirrend genug, immerhin: Gefrorenes Wasser gibt es auf dem Mars, man weiß das seit 2002, als die Nasa-Sonde Odyssey um den Mars kreiste, sie hatte ein Messgerät, das Neutronen zählt, die aus dem Boden kommen, wenn kosmische Strahlen – hochenergetische Teilchen – in ihn hineinschlagen.

Daraus kann man auf Wasserstoff schließen, der etwa in hydrierten Mineralien vorliegen kann, aber ab einer gewissen Menge geht man davon aus, dass das Wasser eine Eisschicht bildet. Darauf deutete Odyssey 2002 an den Polen, es wurde später von einem Mars-Lander bestätigt, der Proben nahm. Und darauf deuten die Daten, die Odyssey 2002 genommen hat, heute auch in der Nähe des Äquators: Jack Wilson (Durham) hat es mit verfeinerten Auswertungsmethoden bemerkt. Und selbst den Kopf darüber geschüttelt: Im Marsboden in Äquatornähe dürfte es kein Wassereis geben. Denn dort gehen die Temperaturen periodisch über den Gefrierpunkt, das Eis würde sublimieren, ohne flüssige Zwischenphase als Gas in die dünne Luft gehen, sie hat auf dem Mars etwa 0,6 Prozent des Drucks auf der Erde.

Verschobene Achse? Sublimierschutz?

Nach etwa 125.000 Jahren wäre alles weg, wenn die gegenwärtigen Klimamodelle für den Mars stimmen. Wie kann es dann da sein? Eine vage Möglichkeit wäre, dass der Mars innerhalb dieser 125.000 Jahre seine Drehachse verschoben hat. Grundsätzlich geht das bei ihm, weil er keinen so großen Mond hat wie die Erde, die von ihrem Begleiter stabil gehalten wird. Aber dass es so rasch gehen kann, kann Wilson nicht glauben, er schiebt eine zweite Spekulation nach, die ebenso wenig zufriedenstellt: Vielleicht gibt es im Marsboden eine Schutzschicht, die das Sublimieren verhindert (Icarus 299, S. 148).

Wie auch immer, vielleicht kann der nächste Nasa-Mars-Lander Klarheit schaffen, er soll 2020 aufsetzen und nach Spuren früheren Lebens suchen, das hat Ken Wilford bei der Goldschmidt-Konferenz, der größten Tagung der Geochemiker, gerade berichtet. Drei Landeorte sind in der Wahl. Man könnte es beim Äquator versuchen.

("Die Presse", Printausgabe, 18.08.2017)

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