Komponieren mit reiner Gedankenkraft

Technologische Schnittstelle hilft beim Musikmachen.

Schnittstellen zwischen dem Gehirn und einem Computer nennt man Brain-Computer-Interface (BCI). Man setzt eine Haube mit Elektroden auf, wie man sie vom Elektroenzephalogramm (EEG) kennt, und denkt an bestimmte Sachen. Der Computer wertet die Wellen der Gehirnströme aus und leitet ab, woran man gedacht hat.

Die Methode ist weltweit etabliert, um Patienten zu helfen, die wegen Muskelkrankheiten oder Hirnschädigungen nicht mehr schreiben oder reden können. An der TU Graz arbeitet die Gruppe um Gernot Müller-Putz vom Institut für Neurotechnologie intensiv an solchen Mensch-Maschinen-Schnittstellen.

Das Team hat nun eine bestehende Methode, die gelähmten Patienten hilft, Buchstaben am Computer zu schreiben, um sich auszudrücken, leicht adaptiert: Anstatt an Buchstaben sollten die Probanden an Musiknoten, Pausen oder Akkorde denken. Die EEG-Haube misst die Veränderung der Hirnströme, und der Computer erkennt, an welches Notensymbol gedacht wurde. 18 musikalische Menschen wurden ins Labor gebeten, um die Methode zu testen und verfeinern.

Gesunde testen für Kranke

Die musikbegeisterten Laien und Profimusiker schafften es nach kurzer Trainingszeit mit reiner Gedankenkraft, Musikstücke zu komponieren. Etwa 90 Prozent der Töne, an die sie dachten, wurden vom Computer korrekt erkannt. Beim Profimusiker waren es sogar über 98 Prozent der Noten, die richtig am Computer aufschienen. Nach diesem Test an gesunden Personen – der allen Beteiligten große Freude bereitete – soll das System nun für die eigentliche Zielgruppe angepasst werden: für körperlich beeinträchtigte Menschen, die nur so wieder Lust an der Musik bekommen können. (APA/vers)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2017)

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