Umweltanalytik: Abwasser zeigt Drogenkonsum

Welche Medikamente und welche Drogen Menschen eingenommen haben, lässt sich in den Fäkalien messen.

Auf seiner dritten Reise, der nach Laputa, gerät Gulliver an Gelehrte, die die wunderlichsten Dinge erkunden, die anrüchigsten auch: Da will einer jeden Aufruhr dadurch im Keim ersticken, dass er die „Gedanken und Absichten“ der Untertanen aus ihren Fäkalien liest. Das war ein galliger Kommentar Swifts zu einem Hochverratsprozess, bei dem ein Beweismittel – ein verräterischer Brief – in einem Abtritt gefunden worden war.

In den Fäkalien selbst lesen konnte man damals noch nicht, seit ein paar Jahren ist die Umweltanalytik zumindest in großen Zügen staunenswert weit und treibt „Abwasser-Epidemiologie“: Das meiste von dem, was Menschen schlucken – Medikamente, Drogen –, geht aus dem Körper auch wieder hinaus, unverändert oder in Form von Metaboliten. All das ist im Abwasser, das von Lausanne zeigt etwa einen Kokainkonsum von 13 Gramm pro Tag, und das in einer Stadt mit 130.000 Einwohnern. Aber an der Einwohnerzahl hängt ein Problem: Man weiß nie, wie viele Menschen sich gerade in einer Stadt aufhalten.

Das macht die Abwasser-Epidemiologie zu einem vagen Geschäft, echte Abhilfe hat sich bisher nicht gefunden. Nun bietet Kevin Thomas (Oslo) eine an (Environmental Science & Technology 20. 9.): Er hat das Abwasser seiner Stadt analysiert und die Daten mit den anonymisierten von Mobilfunk-Betreibern kombiniert, aus denen sich heraus lesen lässt, wie viele Menschen gerade in der Stadt sind: In den Sommerferien etwa reduziert sich die Bevölkerung um fast ein Drittel, an den Wochenende sind auch nicht immer alle da. Aber die, die da sind, nehmen verschriebene Medikamente getreu, das dient als Kontrollwert für die „Partydrogen“, Kokain und, vor allem, Ecstasy. Deren Konsum schnellt jedes Wochenende hoch. (jl)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2017)

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