Gravitation schlägt Wellen auch in Europa

Künstliche Darstellung eines schwarzen Loches
Künstliche Darstellung eines schwarzen Loches(c) imago/CHROMORANGE (CHROMORANGE / Knut Niehus)
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Bei der vierten Sichtung war der Detektor Virgo bei Pisa dabei. Das erlaubt eine Einengung der Quelle.

Am 14. August wurden zum vierten Mal die Gravitationswellen detektiert, die Einstein 1916 prognostiziert hatte. Einen indirekten Hinweis auf ihre Existenz hatte Russell Hulse 1974 gesichtet, dafür erhielt er 1993 den Nobelpreis. Der direkte Nachweis gelang im August 2015 in den USA mit Ligo, dem Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory, es besteht aus zwei 3000 Kilometer voneinander entfernten Observatorien gleicher Bauart: Zwei vier Kilometer lange Röhren sitzen L-förmig aneinander, in ihnen pendelt Licht zwischen Spiegeln hin und her.

Wird einer der Äste durch eine Gravitationswelle gedehnt oder verkürzt, lässt sich das messen, es ist ein Wunder für sich, selbst leichter Wind oder eine Welle an einem entfernten Strand kann einen ähnlichen Effekt haben. Trotzdem gelang die Sensation im August 2015, publiziert wurde sie erst im Frühjahr 2016, zu spät für den Nobelpreis.

Zehn Mal präziser als bisher

Heuer wird es ihn wohl geben, und kaum eine Woche, bevor Stockholm seine Entscheidung bekannt gibt, wurde nun die vierte Detektion bekannt, in einer großen Zeremonie in Turin. Die vierte, soll man darüber noch berichten? Sie hat die Besonderheit, dass ein Signal erstmals nicht nur von Ligo aufgefangen wurde, sondern auch von Virgo, einem italienisch/französischen Detektor bei Pisa (der Name ist kein Akronym, er kommt, warum auch immer, von einem Galaxienhaufen). Das ist wieder nicht aus europäischem Lokalpatriotismus interessant, sondern weil es eine präzisere Bestimmung der Quelle ermöglicht: Die beiden Ligo-Detektoren sind so weit voneinander entfernt, dass das Signal bei einem acht Millisekunden später eintrifft, mit Virgo kommen sechs dazu, man kann zehn Mal besser einengen als bisher (immer noch auf eine riesige Region).

Und dann alle verfügbaren Teleskope auf die mutmaßliche Quelle richten. Die haben nichts gesehen, absolut nichts, das hatte man auch erwartet, weil die Welle von der Kollision zweier Schwarzer Löcher kam – in 1,8 Milliarden Lichtjahren Entfernung, eines hatte 25 Sonnenmassen, das andere 31 – und um die herum nichts ist, was leuchten könnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2017)

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