Die Suche nach den Urgroßeltern und deren Vorfahren

Drei Generationen im Park.
Drei Generationen im Park.(c) imago/Westend61 (Daniel Ingold)
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Bei der Ahnenforschung müssen zahlreiche historische Quellen akribisch durchforstet werden. Das reicht von den Kirchenmatrikeln über Militäraufzeichnungen bis zu den Grundbuchkatastern vergangener Jahrhunderte. Viele Quellen sind bereits online verfügbar.

Er war vier Jahre, als die Eltern aus Wien nach Brasilien ausgewandert sind. Jetzt, im fortgeschrittenen Alter, will er auch für seine Kinder die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen. Allerdings verfügt der Brasilien-Österreicher über keine Geburtsurkunde, die nun für seinen Antrag erforderlich ist. Und in Wien war sein Name in den Standesämtern nicht verzeichnet.

„Der Mann hatte Glück“, sagt Felix Gundacker, „er war noch im Besitz der Heimatrolle seiner Mutter.“ Gundacker, von der Berufsausbildung her Techniker, ist seit mehreren Jahrzehnten Berufsgenealoge und auf alle Spielarten der Ahnenforschung spezialisiert. Im speziellen Fall fand sich nämlich der Heimatschein der Mutter, der in St. Valentin ausgestellt worden war. In der niederösterreichischen Stadt gab es wiederum einen Hinweis auf das 28 Kilometer entfernte Linz – und dort wurde auch die Geburtsurkunde des Mannes ausgestellt. Gundacker kennt mittlerweile die zahlreichen Archive und Dokumentationsstellen, die er bei einer Spurensuche aufzusuchen hat. Schon mit 14 hat ihn – angeregt durch seinen Großvater – die Ahnenforschung interessiert. 1988, damals 28-jährig, kam er mit einem Mann gleichen Namens zusammen. Da wollte er eine mögliche Verwandtschaft herausfinden, und er landete einen Volltreffer. Mit dem anderen Gundacker war er im fünften Grad verwandt, „und das ist noch eine sehr enge Beziehung“, wie er heute sagt. Für beide Männer war der Großvater des Urgroßvaters dieselbe Person.

Spezielles Institut gegründet

1989 gründete Gundacker das Institut für historische Familienforschung und widmet sich seit damals hauptberuflich der Genealogie. In den Gründungsjahren gab es eine geradezu grassierende Monarchie- und Nostalgiewelle, sodass das neue Institut regelrecht gestürmt wurde. Derzeit laufen bei Gundacker 30 bis 50 Anfragen pro Monat ein, wobei der größte Ansturm stets rund um Allerheiligen/Allerseelen, Weihnachten und Ostern erfolgt.

Grundlagen für die Ahnenforschung sind Geburtsurkunden, Heiratsurkunden und Sterbedaten. Interessenten können diese oft bis zurück in den Zeitraum 1880/1890 vorlegen. Spätestens dann beginnt das heute schon großteils im Internet vorhandene Quellenstudium. Die österreichischen Kirchenmatrikeln sind – bis auf jene aus dem Burgenland – online gestellt, jene aus Tschechien auch zu etwa 85 Prozent. Für die Genealogie werden in Einzelfällen grundherrschaftliche Aufzeichnungen ebenso herangezogen wie die Personenregister in den Militärbüchern.

Eine besondere Quelle sind die Kataster, in denen der Grundbesitz der Bewohner verzeichnet ist. Der erste – der Gaisruck'sche Kataster – wurde unter Maria Theresia 1753 für die landesfürstlichen Städte und Märkte erstellt, ab dem Regenten Josef II. wurden in den Katastern alle Gemeinwesen erfasst. Die 1785 abgeschlossene umfassende Landesaufnahme mit ihren Landkarten diente in erster Linie den militärischen Befehlshabern zur besseren Orientierung, später wurde die Aufnahme der Liegenschaften für die Bemessung der Grundsteuer genutzt. Eine Unsicherheit betrifft die Schreibung der Namen, da die Gemeindekanzleien diese oft unleserlich oder nach dem Hörensagen aufzeichneten.

Für Felix Gundacker ist so gut wie jede Nachforschung ein besonderer Fall. Und wenn eine Person nirgends aufscheint und als U-Boot lebt, „muss auch das einen Grund haben“. Als er einmal hörte, dass Franziska Rhee, die Frau des ersten Staatspräsidenten von Südkorea, eine gebürtige Österreicherin war, startete der Genealoge seine Forschungen. Sie wurde in der Gemeinde Inzersdorf (1938 in Wien eingemeindet) geboren. In den Matrikeln war ersichtlich, dass die Familie aus Radlbrunn im Weinviertel stammte. In dieser niederösterreichischen Gemeinde konnte Gundacker herausfinden, dass eine Verwandtschaft zum damals amtierenden Landeshauptmann, Erwin Pröll, bestand.

Forschung auch von Laien

Das Gundacker-Institut für Familienforschung befindet sich unter dem Dach der Plattform Österreich forscht (www.citizen-science.at). Citizen Science umfasst zahlreiche wissenschaftliche Projekte, die unter Mithilfe oder komplett von interessierten Amateuren durchgeführt werden. Voraussetzung ist die Einhaltung wissenschaftlicher Kriterien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2019)

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