Der Garten Eden im ewigen Eis darf weiterblühen

Ein experimentelles Gewächshaus simuliert in der Antarktis die Bedingungen auf einer Mond- oder Marsstation.
Ein experimentelles Gewächshaus simuliert in der Antarktis die Bedingungen auf einer Mond- oder Marsstation. Eden-ISS/Hanno Miller
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Ein experimentelles Gewächshaus simuliert in der Antarktis die Bedingungen auf einer Mond- oder Marsstation. Die Ausbeute der ersten Saison war so erfolgreich, dass das Projekt verlängert wurde.

„Nirgendwo auf der Erde ist man dem Weltraum näher als in der Antarktis im Winter“, erklärt Barbara Imhof den Standort des Hightech-Gewächshauses Eden-ISS. „Man kann nicht einfach vor die Tür treten ohne dicken Schutzanzug, ist mit der Besatzung über Monate auf engem Raum eingesperrt und von der Außenwelt abgeschnitten.“ Unweit der deutschen Antarktis-Forschungsstation Neumayer III entwickelt die Wiener Weltraumarchitektin gemeinsam mit Wissenschaftlern aus unterschiedlichsten Disziplinen ein Gewächshaus, das künftige Weltraummissionen mit frischer Beikost versorgen soll.

Soul Food für Astronauten

„Es ging uns nicht darum, den gesamten Nahrungsbedarf abzudecken, wir wollten das Spektrum um frisches Gemüse erweitern. Denn ein Nahrungsmittel, das knackig ist und frisch schmeckt, ist nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für die Psyche der Besatzung wichtig“, so Imhof.

Die Bilanz der ersten Saison kann sich sehen lassen: Von Februar bis November wurden insgesamt 268 Kilo Gemüse und Kräuter produziert. „Das war das Resultat eines vierjährigen EU-Projekts, das Ende April abgeschlossen wurde. Da es aber so erfolgreich gelaufen ist, haben die Deutsche Luft- und Raumfahrtgesellschaft DLR und das Alfred-Wegener-Institut nun beschlossen, das Projekt noch um weitere zwei Jahre zu verlängern. Das ist nicht selbstverständlich bei so einem Projekt und freut besonders die Besatzung der Antarktis-Station.“

Morgenröte aus den LEDs

Der Weltraumgarten besteht aus zwei Containern, einer für die Pflanzen und einer für die dazugehörigen Maschinen. Diese sind nötig, denn die Gemüsezucht läuft hoch automatisiert, unter ständiger Beobachtung und streng kontrollierten Bedingungen ab, erklärt Imhof. „Die Pflanzen kommen ohne Erde aus, sie werden in einem geschlossenen Kreislauf alle zehn Minuten mit einer Nährmittellösung bestäubt. Spezielle LED-Lampen von einer schwedischen Firma simulieren den Biorhythmus inklusive Morgen- und Abenddämmerung, es herrschen konstante 60 Prozent Luftfeuchtigkeit und zwischen 20 und 22 Grad.“ Als Architektin war sie mit ihrer Firma Liquifer, zu der auch Waltraut Hoheneder und René Waclavicek gehören, für die Schnittstellen des Hightech-Apparats mit dem Menschen zuständig. „Der Bereich, in dem die Ernte untersucht wird, der Laborarbeitsplatz, die Steuersysteme – die mussten alle auf kleinstem Platz untergebracht werden und trotzdem gut erreichbar sein. Es ging auch darum, zu zeigen, wie man so ein System etwa für eine zukünftige Mond- oder Marsmission verwenden kann“, sagt Imhof.

Die Ergebnisse ihrer Arbeit sind nicht nur für die Raumfahrt von Bedeutung: Auch die vertikale Gemüsezucht im Stadtgebiet, das sogenannte Vertical Farming, bei dem ebenfalls geschlossene Kreisläufe eingesetzt werden, profitiert von den Erkenntnissen der Studie.

IN ZAHLEN

107 Kilo Salat und Blattgemüse, 15 kg Kräuter, 67 kg Gurken, acht kg Radieschen, 50 kg Tomaten, 19 kg Kohlrabi und zwei kg Paprika wurden von Februar bis November 2018 im Gewächshaus Eden-ISS geerntet.

10 Personen
haben auf der deutschen Antarktis-Forschungsstation Neumayer III ihre Mahlzeiten mit dem geernteten Gemüse ergänzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2019)

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