ÖAW: "Wir sind leider ein Entwicklungsland"

Die Österreichische Akademie der Wissenschaften setzt den Sparstift an: IMBA, IQOQI und CeMM werden gefördert, manche Institute geschlossen. Das ist notwendig, "um international mitzuhalten", so Präsident Denk.

Die gute Nachricht: Einige Institute der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), so das Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA, Leitung: Josef Penninger), das Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI, Rainer Blatt) und das Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM, Giulio Superti-Furga), werden auch in den kommenden Jahren mit steigenden Budgets rechnen können. „Wir müssen Geld in Institutionen, die in der ersten Liga spielen, pumpen, um international mitzuhalten“, sagt ÖAW-Präsident Helmut Denk. Auch das Johann-Radon-Institut in Linz und das Institut für Demografie könnten von einer Kürzung verschont bleiben.

Die schlechte Botschaft: In so gut wie allen anderen Bereichen muss der Sparstift angesetzt werden. Das Budget des kommenden Jahres bleibt gleich, was faktisch einer Minderung gleichkommt. Von den ca. 1300 Mitarbeitern der ÖAW ist jeder zehnte Arbeitsplatz gefährdet. „Es wird schmerzhafte Einschnitte geben“, sagt ÖAW-Generalsekretär Arnold Suppan. Er sieht Probleme bei der Erneuerung der wissenschaftlichen Apparate, im Bausektor und eben im Personalbereich.

Neben der Schließung von Instituten (derzeit lauft eine Evaluierung) wird auch die Zusammenlegung von Forschungseinrichtungen diskutiert. Ein Fall ist bereits verhandelt und soll Anfang 2011 umgesetzt werden: Das Konrad-Lorenz-Institut für vergleichende Verhaltensforschung auf dem Wiener Wilhelminenberg wird mit dem benachbarten Institut für Wildtierbiologie der Veterinärmedizinischen Universität vereint und als Teil des Vetmed-Instituts weiterbestehen. Dafür muss die Akademie aber der Universität ein Jahresbudget des Instituts bezahlen. Eine ähnliche Kooperation mit einer Uni bahnt sich für das Institut für Limnologie in Mondsee an, auch das ÖAW-Institut für Altersforschung in Innsbruck wird eine Kooperation mit der Medizin-Uni Innsbruck eingehen.

Die Akademie will jetzt verstärkt in der Öffentlichkeit punkten. Dazu wird die neue Publikationsreihe „Wissenschaftsstandort Österreich“ aufgelegt, in der Forschungsthemen leicht verständlich aufbereitet werden. „Wir wollen die Wissenschaft in den Lebenskontext hineinstellen“, sagt Helmut Denk. Die erste Publikation titelt auf der Frontseite „Ein wissenschaftliches Entwicklungsland?“ Und wie beantwortet der ÖAW-Präsident diese Frage? „Leider mit Ja“, so die kurze Replik. Dennoch unternimmt die Akademie neue Anstrengungen: So soll bis zum März ein neuer Entwicklungsplan erarbeitet werden, mit dem man dann bei den nächsten Budgetverhandlungen punkten will.

Österreicher als Klinkenputzer. Helmut Denks Pessimismus ergibt sich aus einem eben erst absolvierten Besuch in Taiwan. Dort suchen sich die Universitäten die besten Studierenden aus, die hohe Studiengebühren zahlen müssen und voll motiviert sind. Sein Resümee: „Und wir werden dann so weit kommen, dass unsere Studenten, wenn sie fertig sind, den Taiwanesen die Tür aufhalten und die Klinken putzen.“

64
Forschungseinrichtungen mit 1300 Mitarbeitern zählt die Akademie der Wissenschaften. Sie ist damit die größte außeruniversitäre Forschungsinstitution Österreichs.

87.550.000
Euro umfasst das ÖAW-Basisbudget in diesem Jahr. Dazu kommen zwischen 22 und 23 Millionen Euro an Drittmitteln. Vor zehn Jahren belief sich das Basisbudget auf 39.226.979 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2010)

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