Die Geburt eines Ozeans

Geologie. Erstmals beobachtet: Wie die Erde aufreißt - und Afrika gespaltet wird.

Im Nordosten Afrikas, in der Afar-Senke im heutigen Äthiopien, stand vermut lich die Wiege der Menschheit, dort wurde die Ahnfrau "Lucy" gefunden, die vor 3,2 Millionen Jahren in einer seenreichen Savanne lebte. Heute ist dort eine unwirtliche Halbwüste, in der sich die Anthropologen drängen. Aber nicht nur sie, nebenan haust noch eine Forscher-Population, Geologen. Auch für sie ist der Graben ein einzigartiges Forschungsfeld, allerdings denken sie in noch längeren Zeiträumen: In der Afar-Senke kann man beobachten, wie sich in der Erde ein Riss auftut, seit 30 Millionen Jahren sinkt über ihm die heute 300 Kilometer breite Senke ein, früher schon hatte er Arabien von Afrika entfernt und das Rote Meer entstehen lassen. Und irgendwann wird er tief nach Afrika hineinreißen und einem neuen Ozean Raum geben.

Dass das kommen wird, ist lange bekannt, tief unter der Afar-Senke stoßen gleich drei Erdplatten zusammen, die Afrikanische und die Arabische schrammen aneinander vorbei, und nach Südwesten zieht sich ein 6000 Kilometer langer Riss, verursacht von der Somalischen Platte.

Platten? Die Erde hat nicht immer ausgesehen wie heute, sie wird es auch nicht immer so tun, einst gab es einen Urkontinent Pangäa, er zerbrach vor 200 Millionen Jahren, die heutigen Kontinente wanderten los, sie wandern noch. Bemerkt hat das zu Beginn des letzten Jahrhunderts der deutsche Universal-Forscher Alfred Wegener, er nannte es "Kontinentalverschiebung", kam aber schlecht damit an. Erst in den 50er-Jahren wurde die Idee wieder aufgegriffen und präzisiert: Es sind nicht die Kontinente, die wandern, es sind die "Platten", auf denen sie sitzen, Teile der Lithosphäre, das ist die Erdkruste zusammen mit dem oberen Teil des darunter liegenden Erdmantels.

Und sie wandern nicht aus eigener Kraft, sie werden auseinander geschoben, von kochendem Gestein, das aus der Tiefe dringt. Das Ganze heißt nun "Plattentektonik", es bringt Erdbeben und Vulkane, es lässt sich schwer beobachten, die meisten "Nähte" zwischen Platten liegen am Meeresboden. Nur zwei gehen hinauf auf den Erdboden, eine in Island, die andere in der Afar-Senke.

Dort wurde ab dem 24. September 2005 verstärkte Erdbebenaktivität gemessen, am 26. riss an der Flanke des Vulkans Dabbahu die Erde auf, 500 Meter lang, 60 Meter tief, bis zu acht Meter breit. Der Vulkan war ausgebrochen, aber auf eine eigenartige Art, unter der Erde und in vertikaler Richtung: In zwei bis neun Kilometer Tiefe schossen 2,5 Kubikkilometer Magma quer durch die Erde, 2000 Kubikmetern pro Sekunde, am Ende war der flüssige Gesteinswulst 60 Kilometer lang. Was von ihm doch bis zur Erdoberfläche aufstieg, bildete und füllte dort Risse, die ihrerseits eines Tages Meeresboden sein werden. Durch das Auseinanderdriften der Platten senkt sich die Senke weiter, in einer Million Jahren wird das Rote Meer hineinfließen, so schätzt es Tim Wright (Earth Sciences, Oxford), der mit seinem Team das Ganze beobachtete und maß (Nature, 442, S. 291). Und später wird einmal das ganze Horn von Afrika abreißen und auf die Reise gehen.

"Es ist das erste Mal, dass man ein solches Ereignis sehen konnte", ergänzt Team-Mitglied Cindy Ebinger (University of London). Möglich wurde es durch Bilder des europäischen Satelliten Envisat, den genauen Weg zum sichtbaren Riss wiesen dann die Bewohner der Region. Und der unsichtbare tief in der Erde? Der wurde am Computer aus seismischen Daten modelliert, die Afar-Senke ist voll mit Detektoren.

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