Physiker entdecken mögliche neue Grundkraft

Physiker entdecken moegliche neue
Physiker entdecken moegliche neue(c) EPA (FERMILAB/HANDOUT)
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Daten des Tevatron-Beschleunigers versetzen die Wissenschaft in helle Aufregung. Sie könnten ein komplett neues Teilchen entdeckt haben. Die Daten müssen aber erst überprüft werden.

Der Tevatron-Beschleuniger des Fermi National Accelerator Laboratory (kurz Fermilab) hat möglicherweise eine neue Naturgewalt entdeckt. Oder ein neues Elementarteilchen. Oder es ist vielleicht doch nur ein Messfehler. Auf jeden Fall steht die Physikwelt derzeit Kopf. "Das ist die wichtigste Entdeckung seit einem halben Jahrhundert." Man merkt die Aufregung selbst im Text der New York Times, wenn darin der theoretische Physiker Christopher Hill von dem neuen Fund berichtet. Entpuppen sich die Daten als echt, könnte es die erste Änderung des Standardmodells der Physik seit 50 Jahren bedeuten.

Der Tevatron-Beschleuniger ist, wie der Large Hadron Collider (LHC) des europäischen Kernforschungszentrums CERN, ein riesiger, ringförmiger Beschleuniger, in dem Protonen und Antiprotonen auf einander geschossen werden. Er ist aber deutlich kleiner und kann die Teilchen nicht mit so großer Energie aufeinander prallen lassen, wie der LHC. Mit 6,8 Kilometern Umfang ist der Ring des Tevatron auch deutlich kleiner als die 27 Kilometer des gigantischen LHC.

"Enorm aufgeregt und vorsichtig"

Was war passiert, um für die Aufregung zu sorgen? Innerhalb der Daten aus diesen Kollisionen entdeckten die Forscher etwas Ungewöhnliches. Üblicherweise entstehen nach dem Zusammenprall von Proton und Anti-Proton ein schweres W-Boson und zwei Strahlen aus Quarks. In 253 Fällen fanden sie aber zu viele überschüssige Elektronen und Myonen. Das deutet auf den Zerfall eines weiteren, bisher unbekannten Teilchens hin. Oder aber eine neue Grundkraft zusätzlich zur Schwerkraft oder dem Elektromagnetismus, die auf enorm kurze Distanzen wirkt. Giovanni Punzi, Leiter des Experiments und Sprecher des Fermilab, zeigte sich "enorm aufgeregt über die Möglichkeit, und gleichzeitig vorsichtig, weil es so wichtig wäre, dass es uns fast erschreckt."

Messfehler nicht ausgeschlossen

Grund zur Vorsicht hat Punzi genug. Denn es besteht eine Chance von eins zu 1000, dass es sich hier um einen statistischen Ausreißer handelt. Weitere Experimente des Fermilab und auch Daten aus dem LHC sollen prüfen, ob hier wirklich eine bahnbrechende Neuentdeckung stattgefunden hat. Für den Tevatron wäre es so etwas wie ein würdiger Abgesang. Im September soll die Maschine aufgrund von Budgetkürzungen abgestellt werden. Böse Zungen könnten jetzt natürlich behaupten, die Physiker würden die Sache unnötig aufbauschen, um noch einmal mediale Aufmerksamkeit zu erreichen. Wirklich empirisch belegt wurde der Fund, über die intern schon seit Monaten diskutiert wird, noch nicht. Michael Witherell der Universität Santa Barbara in Kalifornien sagt aber zur LA Times: "Wir beten alle für eine Entdeckung. Das Forschungsgebiet könnte eine brauchen."

Angekündigte Sensation lässt auf sich warten

Die Teilchenphysik befindet sich derzeit auf der Jagd nach einem bisher rein theoretisch existierenden Teilchen, dem Higgs-Boson. Es ist enorm wichtig für das Standardmodell der Physik, lebt bisher aber nur auf dem Papier. Der LHC des CERN ist hauptsächlich auf die Entdeckung dieses winzigen Bausteins des Universums ausgelegt worden. Die große Entdeckung könnte aber doch der Tevatron des Fermilab abgeräumt haben. Denn unerwartete Funde faszinieren seit jeher die Menschheit doch mehr als angekündigte Sensationen. Und am LHC redet man schon seit Jahren darüber, Higgs bald finden zu wollen. Derzeit konzentrieren sich die CERN-Forscher aber darauf, die Tevatron-Daten zu überprüfen. Denn wenn sie sich bewahrheiten, werden auch sie selbst einiges neu umdenken müssen.

(db)

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