Pantheon: Eine Sonnenuhr zur Ehre des Imperators?

(c) AP (DOMENICO STINELLIS)
  • Drucken

Ein italienischer Mathematiker sieht die rätselhafte Konstruktion auf den Himmel und den Kaiser konzentriert. Das Pantheon ist das am besten erhaltene Monument der Römer.

Das Pantheon ist das am besten erhaltene Monument der Römer; 27 v.Chr. wurde es unter Augustus auf dem Marsfeld errichtet, später beschädigt, endgültig fertig unter Hadrian anno 128. Damals wusste man auch, was die Ansammlung von Merkwürdigkeiten bedeutet: Das Gebäude mit der lange Zeit größten Kuppel der Erde – 43,3 Meter Durchmesser – hat nur einen Eingang; dieser liegt im Norden. Fenster hat es keine, Licht kommt einzig durch das „Oculus“, eine Öffnung ganz oben in der Kuppel. Sie hat 8,3Meter Durchmesser, durch sie fällt Licht, Regen auch, sein Wasser geht am Boden in ein Abflusssystem. Wozu diese düstere Anordnung? Die meisten anderen Tempel – griechische, etruskische, römische – waren nach Süden orientiert und ließen die Sonne hereinfluten.

Vergöttlichung begann unter Augustus

Man weiß es nicht, man weiß nicht einmal, ob das Pantheon – „alle Götter“ – wirklich ein Tempel war, und wer dort verehrt wurde. Der römische Historiker Cassius Dio, der als einer von wenigen über das Gebäude schrieb – 70 Jahre nach Hadrian –, vermutete, der Tempel solle an „die Himmel“ erinnern. Darin folgt ihm nun Guilo Magli, Mathematiker in Mailand, er fügt einen entscheidenden Punkt hinzu: Man habe damals das Auffahren der römischen Kaiser in den Himmel verehrt. Deren Vergöttlichung begann unter Augustus: In seiner Regentschaft erschien im Juli 44 v. Chr. am nördlichen Himmel ein Komet, er wurde dem ermordeten Adoptivvater des Augustus zugerechnet, Caesar. Dieser war nun am Himmel zu sehen, auch durch das Oculus des Pantheon, vermutet Magli.

In der Gegenrichtung ist er sicherer: Die finstere Kuppel mit ihrem einzigen Lichteinlass erinnert ihn an ähnlich gebaute Sonnenuhren. „Es ist eine riesige symbolische Replik dieser Instrumente“, erklärt der Forscher, „ganz exakt messen konnte es das Sonnenlicht natürlich nicht – es war kein Observatorium –, aber die symbolische Verbindung mit der Sonne stellte es her.“ Zweimal im Jahr – zu den Tag-und-Nacht-Gleichen im Frühjahr und Herbst – traf der Sonnenstrahl auf die Innenwand gleich über der Tempeltür. Und einmal illuminierte sie die Tür selbst, am 21.April, dem mythischen Gründungstag Roms.

Dann musste der Imperator nur eintreten, „und er erstrahlte im Licht wie im Filmstudio“ (Magli). In Rom wurde später Ähnliches gebaut, vor allem von Nero, und ab der Renaissance wurde das Pantheon weltweit kopiert. Aber der Hollywood-Trick mit der Sonne funktioniert nur in Rom.
Originalpublikation: arxiv.org/abs/0910.0128

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.