Marokko: Argan macht Mädchen klug

(c) EPA (Khaled Elfiqi)
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Das in Marokko aus dem Öl sprudelnde Geld fließt in Bildung, aber auch in die Ziegen, die die Quelle gefährden. Das Öl der Arganwälder ist mittlerweile das teuerste Öl der Erde.

Der Süden Marokkos war einmal so reich, dass Paläste aus dem Boden wuchsen, im wahrsten Sinne des Wortes: Die Berber bauten sie aus getrocknetem Lehm, gebrannt wurde er nicht, es gibt wenig Regen. Kam er doch, zerfloss der halbe Prunk. Man stückelte wieder an, Geld gab es genug: Die Berber hatten das Monopol auf den Fernhandel durch die Sahara, sie holten vor allem Sklaven. Als es damit zu Ende war – Frankreich okkupierte und brachte die Menschenrechte mit –, verfiel alles, heute ist die Region bitterarm. Es gibt etwas Tourismus und ein paar Datteln.

1998 kam neue Hoffnung: Die Unesco schuf ein Reservat für Arganwälder. Diese Bäume werden zehn Meter hoch und tragen Früchte, aus denen in Handarbeit Öl gewonnen wird, das haben die Berberinnen immer schon getan, es war Frauensache. Heute ist das Produkt – es wird als Speiseöl und für Kosmetika benutzt – das teuerste Öl der Erde, bis zu 300 Dollar kostet ein Liter. Der Aufschwung kam durch Entwicklungsgelder, die eine Win-win-Situation schaffen wollten: Die nachhaltige Nutzung des Segens sollte nicht nur die Natur aufblühen lassen, sondern auch die Ökonomie.

Bildung gewinnt, Wald verliert

Ist es gelungen? Davis Lybbert (UC Davis) kommt zu einer zwiespältigen Bilanz (Pnas, 22.8.): Der Arganboom hat Geld in die Region gebracht, und das wird zu einem Teil gut angelegt: Es geht in die Ausbildung der Kinder, vor allem die der Mädchen, die früher nicht in die Schule konnten, weil kein Geld da war und die Mädchen ohnehin Argan pflücken und verarbeiten mussten. Nun werden sie gebildet und gehegt.

Aber die Wälder nicht: Ein Teil des Argangeldes geht in Ziegen, sie klettern gut und holen aus den Baumkronen die Früchte. Das ist erwünscht, die Tiere bringen einen Teil der Ernte ein: Argan hat eine fleischige Haut und einen harten Kern, in ihm ist das Öl – und ihn scheiden die Ziegen wieder aus. Aber sie holen auch die Blätter, immer mehr immer mehr. Deshalb fürchtet Lybbert, dass die Berber in eine „Armutsfalle“ tappen, in der eine Ressourcenquelle durch vermehrte Nutzung zum Versiegen kommt. jl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2011)

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