Geruch: Abstand vom Schweinestall

Abstand Schweinestall
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Wie sich der Geruch von Stallungen verbreitet, kann nun für in der Nähe geplante Wohnsiedlungen einfach und schnell berechnet werden.

Der Saustall hat keinen guten Ruf. Ob im Kinderzimmer oder auf dem Schreibtisch, stets wird er als das Gegenteil des Ideals angeführt. Auch der Geruch von Schweineställen wird oft mit dem von Innenräumen verglichen: Dabei kennen den echten Geruch aus Schweinestallungen nur Menschen, die dort arbeiten – oder in der Nähe eines solchen wohnen. Wegen der Geruchsbelästigung, die landwirtschaftliche Stallungen verbreiten, ist zwischen ihnen und Wohnsiedlungen ein gewisser Abstand einzuplanen, auf dass der Wind die Düfte der Schweine, Hühner oder Rinder forttragen bzw. verdünnen möge.

„Bisherige Modelle beruhen auf sehr groben Annahmen“, erklärt Günter Schauberger von der Vetmed-Uni Wien: Nach wenigen Stallbesichtigungen wurde ein Abstand bestimmt, der von der Anzahl der Tiere abhängig ist. Mit Kollegen des Departments für Biomedizinische Wissenschaften und dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI) hat Schauberger ein neues Modell entwickelt, das die Geruchsbelästigung rund um landwirtschaftliche Tierhaltung genauer vorhersagen kann.

Von der Berechnungsmethode ähnelt das Modell den Ausbreitungsmodellen, die bei Industrie- und Gewerbebetrieben üblich sind: Diese rechnen abhängig von Windrichtung, Windgeschwindigkeit und der Stabilität der Atmosphäre – also ob es eine turbulente oder windstille Gegend ist – für jede Stunde des Jahres, in welchem Abstand ein gewisser Schutzanspruch gewährleistet ist. Solche Modelle werden von meteorologischen Anbietern wie der Hohen Warte (ZAMG) erstellt.

Das neue Modell ist eine einfachere Version davon. „So kann man im Schnellgang herausfinden, wie man bei der Planung vorgehen sollte.“ Zeigt der erste Eindruck, der stets im Worst-Case-Szenario erstellt wird, dass es zu Problemen kommen könnte, werden dieselben Daten für ein aufwendiges Ausbreitungsmodell weiterverwendet, bei dem zudem Details der jeweiligen Landschaft einfließen.


Geruch ist eine Reaktion. Auf bestehende Betriebe wird dieses Modell keinen Einfluss haben, da es in der Landwirtschaft so ist, dass dieser Schutzabstand schon im Bauverfahren zu Beginn der Planung festgelegt wird. Nur bei Gewerbebetrieben können Auflagen – bei geändertem Wissensstand – neu erteilt werden. „Zur Erfassung der Quellstärke fließen in unser Modell Informationen über die Art der Tierhaltung ein“, so Schauberger: „Wie viele Tiere werden gehalten? Wo wird Geruch frei? Gibt es eine Lüftungsanlage? Wie wird der Mist gelagert? Ist die Gülleanlage abgedeckt oder offen?“ Welche Substanzen bei verschiedenen Stallungen zu Geruch bzw. Gestank führen, kann man schwer sagen: „Wie bei vielen Gerüchen ist das eine Mischung aus 150 bis 200 Substanzen. Geruch ist ja keine Eigenschaft einer chemischen Substanz, sondern eine Reaktion im Menschen.“ Die geruchsintensiven Stoffe, die in Stallungen frei werden, kommen in so geringen Mengen vor, dass man sie nur mit großem messtechnischen Aufwand erfassen kann.

„Die Schutzabstände richten sich nicht nach der Menge an verbreiteten Substanzen, sondern in einem Wohngebiet darf ein Stall nicht mehr als zehn Prozent des Jahres als belästigend eingestuft werden“, erklärt Schauberger. Für andere Emissionen wie Ammoniak oder Feinstaub wurde dieses Modell nicht entwickelt: Denn diese treten, wenn, dann nur in unmittelbarer Nähe der Stallungen in größeren Konzentrationen auf. Der Geruch zieht aber viel weiter und hat für den Abstand zwischen Mensch- und Tierbehausungen den größten Einfluss. In der Hitliste der störenden Stallgerüche führen übrigens Hühner- und Schweineställe. Rinder und Pferde werden als viel weniger unangenehm empfunden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2012)

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