Archaeopteryx: Urvogel trug ein schwarzes Kleid

(c) EPA (Jan-Peter Kasper)
  • Drucken

In der allerersten gefundenen Archaeopteryx-Feder wurden Zellen identifiziert, die schwarze Pigmente produzierten. Die stärkten auch die Federn. Aber ob das Tier fliegen konnte, bleibt unklar.

So groß wie ein Rabe wurde der „Urvogel“ Archaeopteryx, von dem niemand weiß, ob er fliegen konnte. Immerhin, Federn hatte er – die gaben ihm den Namen, „archaios pterix“ heißt „alte Feder“ –, die machten ihn auch so schwarz wie einen Raben. Das hat eine Gruppe um Ryan Carney (Brown University) aus der Feinstruktur des ersten Archaeopteryx-Fundes gelesen, und es hebt die Wahrscheinlichkeit, dass der Urvogel fliegen konnte.

Der erste Fund war eine Feder, sie geriet vor etwa 150 Millionen Jahren in die Sedimente eines tropischen Sees beim heutigen Solnhofen in Bayern, die Region lag damals viel näher am Äquator. Ans Licht kam die Feder 1861, sie wurde freudig begrüßt von den Anhängern Darwins, der zwei Jahre zuvor sein „Origin of Species“ publiziert hatte: Thomas Huxley sah die Ähnlichkeit mit Sauriern, er vermutete als erster, die Vögel seien deren Erben – und Archaeopteryx sei das Zwischenglied. Denn er war eine seltsame Mischung: Er hatte Zähne und einen Knochenschwanz wie die Reptilien, aber er hatte eben auch Federn.

Deren Form hat man schon lange analysiert, es waren auch Schwungfedern dabei, die wie die heutiger Vögel gebaut sind. Aber die Farbe, wie soll man die erkunden? Die erste Feder – sie ist im Museum für Naturkunde in Berlin – ist zwar dunkel, aber das will nichts heißen, es kann an der Fossilierung liegen. Man kann die Farbe nur indirekt bestimmen, aus der Struktur des Gewebes. In ihm können sich Zellen erhalten haben, die für die Produktion von Farbpigmenten sorgten. Jakob Vinther (University of Texas) bemerkte es 2006 an fossilen Tintenfischen.

Seitdem sucht er mit Carney nach Pigmentzellen in der Berliner Feder. Zwei Versuche schlugen fehl, erst ein extrem leistungsstarkes Mikroskop bei der Firma Carl Zeiss in Jena brachte die Zellen bzw. ihre Pigmente bzw. deren Träger ans Licht: Letztere heißen Melanosome, ihre Formen und ihre Farben hängen zusammen. Bei Archaeopteryx sind sie würstchenförmig, ein Mikrometer lang, 280 Nanometer breit.

Diese Gestalt verglichen die Forscher mit der von 87 heutigen Vogelarten: Würstchenförmige Melanosome tragen schwarz, das ist zu 95 Prozent sicher (Nature Communication 24.1.). Noch sicherer ist, dass Farbstoffe nicht nur färben, sondern auch stabilisieren, vor allem die Schwungfedern an ihren Spitzen, wo die Beanspruchung am stärksten ist. Dort sitzen sie auch beim Urvogel.

Aber ob der wirklich ein Vogel war – aktiv fliegen konnte – können auch die jetzigen Analysen nicht klären. Er konnte vermutlich die Flügel nicht – wie zum Aufstieg vom Boden erforderlich („ground up“) – über seinen Rücken heben, darauf deutet sein Knochenbau. Er konnte das Fliegen wohl aber auch nicht von Bäumen herab erlernen („tree down“) – es gab keine Bäume, nur niederes Gebüsch, die Region war trocken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.