Feurige Geburt: Der Mensch erkochte sich selbst

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Symbolbild(c) AP (Daniel Ochoa de Olza)
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In Südafrika sind Spuren eines eine Million Jahre alten Herdfeuers gefunden worden. Das stützt die Hypothese Richard Wranghams, mit Feuer veredelte Nahrung habe das Gehirn wachsen lassen.

Seit wann lodern Feuer? Erdgeschichtlich noch gar nicht so lange, erst einmal mussten alle drei Zutaten versammelt sein: Brennmaterial, Sauerstoff und Zündfunken. Letztere gab es immer – Blitze und Vulkane –, aber genug Biomasse war erst vor 400 Millionen Jahren da, und genug Sauerstoff vor 300, ungefähr da ging es los, auf ein paar Millionen Jahre kommt es ja nicht an. Genauer will und muss man hingegen wissen, wann die ersten domestizierten Feuer loderten. Denn dass sie mit der Menschwerdung zu tun hatten, vermuteten schon die Mythen, Prometheus brannte seine Geschöpfe – die Menschen – aus Ton, und er lehrte sie den Gebrauch des Feuers. Dessen wohltätige Macht rühmte später Vitruv, der römische Architekturtheoretiker: „Als infolge der Entdeckung des Feuers ein Zusammenlauf entstanden war, brachte es sie zu Gesprächen untereinander, und sie begannen, Hütten zu bauen.“

„Cookievores“ versus „carnivores“

So wurden sie sozial. Aber bevor sie miteinander reden konnten, brauchten sie Sprache. Und zu deren Entwicklung brauchten sie viel Freiheit: freie Zeit, ein freies Gehirn und eine freie Sprachmuskulatur. Auf deren möglichen Ursprung deutete als Erster Charles Darwin: Kochen könne „harte Wurzeln verdaubar machen und giftige ungefährlich.“ Damit lag alles bereit, aber zusammengefügt wird es erst seit 1999, seitdem baut Richard Wrangham, Primatologe in Harvard, an seiner „Koch-Hypothese“: „We are cookievores!“ Das meinte nicht nur süßes Gebäck, sondern alles mit Feuer Zubereitete, und es richtete sich gegen die Lehrmeinung vom „carnivore“, derzufolge der Mensch bzw. sein Gehirn deshalb groß wurde, weil er eine neue Nahrungsquelle erschloss, Fleisch: Als sich unsere Ahnen von denen der Schimpansen trennten, vor fünf, sechs Millionen Jahren, waren die Gehirne beider Blatt- und Früchteesser gleich klein, um die 400 Kubikzentimeter. Die der Schimpansen blieben auf diesem Niveau, wir haben um die 1200 cm3 – es schwankt zwischen Individuen stark –, der erste große Schub kam vor 1,8 Millionen Jahren mit Homo erectus, er trieb das Gehirn auf etwa 1000 cm3.

Dazu musste er die Nahrung umstellen, auf energiereiche Kost. Das Gehirn ist aufwendig, 60 Prozent aller Ressourcen gehen bei Neugeborenen hinein, 25 bei Erwachsenen, bei Affen acht. Die Erweiterung der Ernährung auf Fleisch hätte das Problem lösen können, und vor 2,5 Millionen Jahren waren auch die ersten Steinwerkzeuge erfunden, damit konnte man jagen und Beute zerteilen. Aber erjagbares Wild ist rar, selbst bei heutigen Jägern und Sammlern bringen die Männer selten etwas nach Hause, den Grundbedarf decken die Frauen mit Feldfrüchten.

Im Boden steckt Energie: Wurzeln

Die gibt es in Hülle und Fülle: In einem Quadratkilometer Savannenboden in Ostafrika – der vermutlichen Wiege der Menschheit – stecken 40 Tonnen essbare Wurzeln, sie enthalten viel Stärke. Aber sie sind kaum zu kauen und eben oft giftig oder zumindest bitter. Diese Kost braucht Veredelung, durch Feuer: Es erhöht den Nährwert, und es macht das zähe Zeug überhaupt erst kau- und verdaubar: Zähne und Kiefermuskeln konnten verkleinert werden, das ermöglichte die Feinsteuerung des Sprechens, der Darm konnte auch schrumpfen, im Gegenzug wuchs das Gehirn. Und das Feuer brachte Zeit, Schimpansen mampfen den halben Tag, wir tun es etwa eine Stunde und können den Rest der Entwicklung des Soziallebens und der Kultur widmen.

So weit Wrangham. Es passt auch alles zusammen – bei Homo erectus wurden die Zähne kürzer und die Kiefer graziler –, und Wrangham hat experimentell viel zusammengetragen, er hat etwa gezeigt, dass der Nährwert von Wurzeln um 43 Prozent steigt, wenn sie gekocht werden, beim Fleisch ist es ähnlich. So fügte sich eines zum anderen. Nur eines fehlt, der Schlussstein: Die gesicherten ersten domestizierten Feuer brannten vor 400.000 Jahren – in Afrika und in Europa, hier hatten Neandertaler die Kunst erlernt –, und ein immer noch relativ gut belegtes gab es vor 700.000 Jahren im Jordantal. Aber Homo erectus hätte seines eben vor 1,8 Millionen Jahren in Afrika gebraucht.

Zwar gibt es dort auch Hinweise auf frühere Herde, aber die sind oft trügerisch – ein „Feuer“ hat sich etwa als Sediment herausgestellt –, und sie fanden sich immer unter freiem Himmel, dort kann auch ein Buschbrand getobt haben. Man bräuchte also Spuren in einer Höhle. Und in einer, der „Wonderwork Cave“ in Südafrika, wurden sie nun auch gesichtet: Ein Team um Francesco Berna (Boston University) hat altes Ausgrabungsmaterial mit verfeinerten mikroskopischen Methoden noch einmal analysiert und fand sowohl verbranntes Material – Biomasse, Knochen – wie durch die Hitze verändertes Umgebungsgestein.

Gegart wurde auf Blättern und Gras

Man kann aus beidem sogar schließen, wie heiß das Feuer war, maximal 700 Grad, damit scheidet Holz als Brennstoff aus, gegart wurde wohl auf Blättern und Gras. Und zwar vor „annähernd einer Million Jahren“ (Pnas, 2. 4.). Das reicht noch nicht, aber die Forscher sind zuversichtlich, dass ihre neue Mikroskopie auch andernorts fündig wird.

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