Eine Zeit mit vielen Veränderungen

Sabine Gugglberger zeigt, dass Menschen über 50 großteils mit ihrem Leben zufrieden sind: Männer eher mit der finanziellen Situation, Frauen eher mit ihrer Gesundheit.

„Die Wechseljahre sind nach wie vor ein Tabuthema“, sagt Sabine Gugglberger. Sie hat in ihrer Dissertation (Uni Innsbruck, Erziehungswissenschaften, Betreuer Johann Kinzl) Menschen über 50 nach ihrer Lebenszufriedenheit befragt – mit besonderem Augenmerk auf Sexualität und Wechseljahre. „Nicht nur Frauen, auch Männer kommen in die Wechseljahre. Die Forschung dazu steckt in den Kinderschuhen, und geredet wird darüber kaum.“ Gugglberger ist selbst in der Frauenberatung tätig und eröffnet nun in Braunau eine Praxis für Wechseljahre-Beratung: für Frauen und Männer. In Experteninterviews zeigt sie, dass sich bei Männern Sexualität stark über Leistung definiert. Wenn diese über 50 nachlässt, ängstigt das viele. „Früher wurden die Menschen nicht älter als 50 Jahre. Heute beginnt in dem Alter ein wichtiger Lebensabschnitt: Dieser ist mit vielen Veränderungen verbunden, die Anpassungsleistungen erfordern.“

„Die zweite Lebenshälfte ist eine Zeit biografischer Wendepunkte“, sagt Gugglberger. Nicht nur die Wechseljahre sind Zeichen von Veränderung: Meist ziehen die Kinder aus, dann kämpft man mit dem „Empty Nest Syndrom“. Auch die Pflegebedürftigkeit oder der Tod der eigenen Eltern fallen in diese Zeit. „In der Partnerschaft bedarf es starker Beziehungsarbeit: Wenn die Kinder aus dem Haus sind, muss man sich als Paar neu definieren. Viele Beziehungen gehen in die Brüche, die Scheidungsrate in dem Alter ist hoch.“ Mittels Fragebögen hat Gugglberger mehr als 180 Menschen zwischen 50 und 65 Jahren befragt – es zeigte sich eine grundsätzlich hohe Zufriedenheit: „Die Altersgruppe von 50 bis 54 ist mit ihrer Sexualität zufriedener als die 61- bis 65-Jährigen. Die 68er-Generation kann wohl besser mit der eigenen Sexualität umgehen und offener sein.“ Trotzdem zeigt die Befragung, dass Sex kein Privileg der Jungen ist. Frauen waren im Schnitt zufriedener mit ihrer Gesundheit (sprechen offener über Krankheiten und nehmen Vorsorgeuntersuchungen häufiger in Anspruch) und mit der Beziehung zu ihren Kindern (da sie vorwiegend die Erziehungsarbeit in jungen Jahren übernommen haben). Männer sind dafür zufriedener mit der finanziellen und beruflichen Situation, eben weil sie meist besser als Frauen verdienen (auch in der Pension, Frauen waren häufig nicht durchgehend vollzeitbeschäftigt). Am zufriedensten waren Beamte mit der beruflichen Situation – Stichwort: gesicherter Arbeitsplatz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2013)

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