Städte können Menschen »erziehen«

Petra Stieninger fand wichtige Hintergründe, die Raumplaner nutzen sollten, um das Verhalten von Menschen in Richtung Energiesparen zu lenken.

„Ein Beispiel sind öffentliche Verkehrsmittel: Die Fahrt beginnt mit dem Ticketkauf, jede Benutzung ist mit Geldausgeben verbunden. Beim Auto merkt man beim Einsteigen nicht, dass es Geld kostet. An Benzin, Steuern, Kosten für Parken denkt man selten“, sagt Petra Stieninger. Sie erforschte in ihrer Dissertation (TU Wien, Raumplanung, Betreuer: Andreas Voigt), welche Möglichkeiten Stadt- und Raumplanung haben, das Verhalten von Menschen so zu verändern, dass sie Energie sparen.

„Ein Lösungsansatz wäre, auch bei öffentlichen Verkehrsmitteln nicht jedes Mal ein Ticket zu kaufen, sondern die Kosten in Steuern oder andere Abgaben einzurechnen“, so Stieninger. Sie forschte zwei Jahre in Europa, zwei Jahre in den USA und Kanada, um die Hintergründe aufzudecken, warum viele Menschen sich nicht energieeffizient verhalten, obwohl es immer mehr Möglichkeiten dazu gibt. „Bisher gehen Raumplaner so vor: Man sieht das Problem, definiert ein Ziel und versucht, dieses durch vorhandene Tools zu erreichen. In dem Ablauf sind allerdings zwei Zwischenschritte notwendig: Bevor man das Ziel definiert, muss man die Hintergründe des Problems analysieren. Menschen konsumieren z.B. Energie nicht der Energie wegen, sondern weil sie energieabhängige Produkte konsumieren. Auch bei der Auswahl der Tools soll man diese Hintergründe bedenken.“

Stieninger fand fünf Kategorien von Hintergründen, warum Menschen sich energieeffizient verhalten oder nicht. Ganz amerikanisch (sie lebt seit 2011 in Chicago) nennt sie es „The 5 A-categories“ – Accessibility (haben Menschen Zugang zu den Technologien?), Availability (gibt es energieeffiziente Angebote?), Attractiveness (wie attraktiv sind die Angebote?), Affordability (wer kann sich die Angebote leisten?) und Awareness (wissen die Menschen von den Angeboten?). Die Tools müssen im Planungsprozess neu angepasst werden, wieder gibt es fünf Kategorien: gesetzliche Regelungen, monetäre Anreize für energieeffizientes Verhalten, moderne Technologien, städtisches/landschaftliches Design und Bewusstseinsbildung. „Ein aktuelles Beispiel wäre, dass man energieeffiziente Städte nicht ins Nirgendwo baut, wo es keinerlei Anschluss an bestehende Infrastruktur gibt – ähnlich der Seestadt Aspern in Wien oder den energieeffizienten Städten in der arabischen Wüste. Raumplaner sollten Energieeffizienz in vorhandenen Strukturen ermöglichen“, sagt Stieninger.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2013)

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