Wer düngt das Oberflächenwasser?

Ádám Kovács' mathematisches Tool »PhosFate« erfasst systemrelevante Punkte für den Phosphor-Eintrag in Gewässer und hilft die Landwirtschaft sinnvoll zu managen.

Alle Lebewesen brauchen Phosphor – es ist essenziell u.a. für das Wachstum von Pflanzen, weshalb es aus der Landwirtschaft nicht wegzudenken ist. Seit Jahrzehnten wird ein Vielfaches der natürlich im Boden vorkommenden Phosphormengen als Dünger auf Felder und Wiesen verteilt. Was die Pflanzen nicht schlucken, können Regenabfluss und Erosion mitnehmen – im Unterschied zu Stickstoff bleibt Phosphor meist an der Oberfläche; nur bei sandigen Böden oder Drainagen erhöhen sich die Werte auch in tieferen Erdschichten, im Sicker- oder Grundwasser. Viel Phosphor heißt viel Wachstum, auch im Wasser, und so färben sich überdüngte Seen und Meere „grün wie Spinat“ (Stichwort Algenblüte).

Ádám Kovács will hier gegensteuern und entwickelte an der TU Wien das mathematische Phosphor-Emissions- und -Transportmodell „PhosFate“ (Betreuer: Matthias Zessner-Spitzenberg). Es errechnet aus einer Vielzahl von Daten – z.B. zu Böden, Topografie, Landnutzung und Wetter –, wie viel Phosphor in einem gegebenen Einzugsgebiet in das Wasser gelangt. Außerdem erlaubt es eine finanzielle Bewertung möglicher Maßnahmen.

Zentral für das Modell ist die Idee von „kritischen Zonen“: Regionen, aus denen mehr Phosphor in das Wasser geschwemmt wird als anderswo. Das Modell zeigt, dass nur ein Teil der gedüngten Böden die Gewässer beeinträchtigt – eine entscheidende Information für jene, die die Phosphorbelastung verringern möchten. „Gibt es in einem Einzugsgebiet z.B. 30 Prozent gedüngte Felder, aber nur fünf Prozent tragen zur Verschmutzung der Gewässer bei, können sich Entscheidungsträger auf diese fünf Prozent konzentrieren, statt bei allen 30 etwas unternehmen zu müssen“, so der Bauingenieur. Das reduziert die Kosten und erhöht die Effektivität der Maßnahmen. „Eine optimale Wassergütewirtschaft braucht dann auch keine massive Umwandlung der Landwirtschaft.“

Realitychecks in mehreren Ländern haben gezeigt, dass die „PhosFate“-Rechnungen mit tatsächlichen Werten gut übereinstimmen – die Feuerprobe für ein mathematisches Modell. „Es eignet sich gut für mittelgroße Gebiete wie ein Bundesland“, so Kovács. Wodurch sich viel praktischer Nutzen ergibt: Bei Kooperationen der TU Wien etwa mit dem Land Oberösterreich kam „PhosFate“ bereits zum Einsatz. Selbst widmet sich der Ungar inzwischen einer größeren Einheit: der Donau als Ganzes.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2013)

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