Mehrsprachiges Kinderplappern

Magdalena Jezek testete ein Screening Tool für die Sprachentwicklung bei Kleinkindern, die mehrsprachig aufwachsen.

Obwohl natürlich jedes Kind ganz und gar einzigartig ist, verläuft die Sprachentwicklung doch streng nach Schema – sprich bei allen mehr oder weniger gleich. Verzögerungen und Schwächen können deshalb schon früh festgestellt werden. So lässt sich jedes fünfte bis sechste Kind – Buben öfter als Mädchen – mit dem Redebeginn länger Zeit als der Durchschnitt. Etwa die Hälfte dieser „late talker“ holt den Rückstand im dritten Lebensjahr wieder auf („late bloomer“), die andere Hälfte, sechs bis acht Prozent aller Kinder, entwickelt eine Sprachentwicklungsstörung.

Die neurologisch-linguistische Ambulanz der Barmherzigen Brüder Linz erarbeitete eine leicht handhabbare Methode zur frühen Identifizierung von Sprachproblemen, die derzeit im ganzen Bundesland erprobt wird (Sprach- und Entwicklungsscreeningstudie Oberösterreich, SPES): Im Rahmen der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen wird der Sprachstand der Zweijährigen mit eigenen Fragebögen erhoben und mit drei Jahren noch einmal kontrolliert. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass das Tool Probleme bei einsprachigen Kindern mit hoher Treffsicherheit erkennt. Jezek überprüfte nun, ob das auch für mehrsprachige Kinder gilt (Uni Innsbruck, Begutachter: Manfred Kienpointner).

„Leider noch nicht ganz“, ist ihr Fazit. „Bei Mehrsprachigkeit kommen andere Faktoren dazu, die erst herausgefiltert werden müssen. Hier muss die Methode noch überarbeitet werden.“ Trotzdem hat die klinische Linguistin ein paar wichtige Erkenntnisse parat: Mehrsprachige Kinder entwickeln nicht öfter Sprachstörungen als einsprachige. Sie beginnen nicht wegen der zweiten Sprache später zu sprechen. Und: „Es ist ein Mythos, dass eine Sprachentwicklungsstörung durch eine zweite Sprache verstärkt wird.“ Weshalb auch etwaige (oft ärztliche) Empfehlungen, mit dem Kind vorübergehend nur eine Sprache zu sprechen, ganz klar falsch sind.

Eltern, so zeigten die Auswertungen, sind übrigens eine hervorragende Quelle, wenn es um die Beurteilung der sprachlichen Fähigkeiten eines Kindes geht. „Ihre Einschätzung ist so gut, dass sie jedenfalls berücksichtigt werden sollte“, so Jezek. Nach dem Motto, je früher, desto besser, können sie bei Zwei- und Dreijährigen auch gezielt sprachfördernd wirken: „Mit Programmen wie dem Heidelberger Elterntraining werden oft deutliche Verbesserungen in der Sprachentwicklung erreicht“, so Jezek.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.10.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.