Wie reagieren Piloten bei Blindflug?

Sylvia Peißl zeigte, dass die Reaktion von Piloten am besten ist, wenn ihre Aufmerksamkeit flott zwischen Eigenempfinden, Instrumentencheck und Außensicht wechselt.

Als Urlauber fragt man sich oft, worauf sich Piloten im Cockpit konzentrieren, während man im Flugzeug sitzt und auf dunkle Wolken unter sich blickt. Sylvia Peißl analysierte die Frage in ihrer Dissertation (Uni Graz, Luftfahrtpsychologie, Betreuer: Wolfgang Kallus, Graz, Pierre Sachse, Innsbruck): „Worauf lenken Piloten beim Fliegen und Landen ihre Aufmerksamkeit, und wie verhalten sie sich bei Schlechtwetter und Instrumentenausfall?“

Für die Studie bediente sich die Tiroler Psychologin einer Aufmerksamkeitstheorie aus der Sportwissenschaft: Bei Tennisspielern ist demnach eine externale Aufmerksamkeit am erfolgsversprechendsten, das heißt, dass der Spieler seinen Fokus auf Außenbedingungen (Gegner, Umfeld) konzentrieren soll. Konzentriert er sich nur auf internale Faktoren, z.B. das Gefühl des Schlägers in der eigenen Hand und seine Laufschritte, verzögert sich seine Reaktion. „Ich habe diese Theorie auf das Steuern der Maschine übertragen, da es ebenso eine motorische Leistung ist“, sagt Peißl. Im Flugsimulator der Uni Graz führte sie Studien an österreichischen Linienpiloten, Segelfliegern und Piloten in Ausbildung durch: Alle wurden verkabelt (EKG), um an der Herzrate ihre Beanspruchung zu messen.

„Die Linienpiloten hatten bei Schlechtwetter und bei Instrumentenausfall eine niedrigere Herzfrequenz als Segelflieger, da sie für solche Situationen trainiert werden, während Segler bei Schlechtwetter und Nacht nicht fliegen“, sagt Peißl. Überraschend war, dass bei erfahrenen Piloten im Falle des Instrumentenausfalls die Herzrate eher anstieg als bei unerfahrenen: „Entweder sind, vereinfacht gesagt, erfahrene Piloten mit den Konsequenzen vertrauter, oder der Herzschlag der Unerfahrenen steigt schon viel früher an, sodass sie vergleichsweise ruhig wirken, wenn der Ernstfall eintritt.“

Die Theorie der Sportwissenschaften konnte Peißl nur für die Segelpiloten bestätigen: Sie erreichen höchste Effizienz, wenn sie sich auf die externalen Faktoren konzentrieren. Doch bei Linienpiloten ist der schnelle Wechsel zwischen internaler (Steuerung, Instrumente) und externaler (Außensicht) Aufmerksamkeit am besten: „Schließlich müssen sie sich genau auf das konzentrieren, was sie als Nächstes tun. Das Konzept des Aufmerksamkeitswechsels könnte man auch bei Sportarten wie Tennis neu untersuchen“, sagt Peißl, die für ihre Ausbildung zur Gesundheitspsychologin bald von Graz nach Wien ziehen wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2014)

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