Vom Hochwasser in den Bergen

Magdalena Roggers preisgekrönte Doktorarbeit hilft dabei, den Hochwasserschutz in den Tiroler Alpen deutlich zu verbessern.

In den vergangenen Jahren hatte Österreich immer wieder mit (nicht wirklich korrekt als „Jahrhunderthochwasser“ bezeichneten) Überflutungen und ihren Folgen zu kämpfen. Schutzbauten sollen helfen, das Schlimmste abzuwenden. Doch die Modelle, die den oft teuren Maßnahmen als Entscheidungsgrundlage dienen, sind bisweilen sehr eindimensional: Ihre Basis sind z.B. nur Niederschlagsmengen oder langfristige Aufzeichnungen. Magdalena Rogger entwickelte im Rahmen ihrer Dissertation am Institut für Wasserbau (TU Wien, Begutachter: Günter Blöschl) in Kooperation mit der Wildbachverbauung und dem Hydrographischen Dienst Tirol ein detailliertes Computermodell über Abflussprozesse in zehn Tiroler Einzugsgebieten.

Sind diese Prozesse genauer verstanden – und damit die Abläufe bei der Hochwasserentstehung –, könnten Bemessungshochwasser exakter bestimmt werden: jene Extrem- oder „Jahrhundert“-Ereignisse, auf denen alle Überlegungen basieren. Die Regenmenge allein reiche für Prognosen nicht aus: „Heftiger Regen führt nicht zwangsläufig zu Hochwasser“, erklärt die Ingenieurin. „Wie viel Wasser ein Gebiet aufnehmen kann, hängt genauso von Boden, Vegetation und Landnutzung ab.“ Von Felsen oder Skipisten rinnt Wasser anders weg als von Wald und Weide – Wechselwirkungen, die ein Modell berücksichtigen sollte.

Rogger verwendete deshalb die Daten eines Hydrogeologen, der die Böden kartiert hatte, ebenso wie Daten über Bewuchs und Landnutzung. „Interdisziplinäres Arbeiten ist besonders wichtig, um diese komplexen Abläufe zu verstehen“, betont sie. Für die Hochwasserentstehung wichtig ist zudem, wie feucht der Boden schon ist: Speicherfähige Gebiete halten Wasser wie ein Schwamm. Regnet es immer weiter, kommt es irgendwann zu Schwellenwertereignissen: „Das Wasser ergießt sich ungebremst ins Tal.“

Für den zweiten Teil ihrer Arbeit untersuchte Rogger, ebenfalls in Teamarbeit, die Permafrostböden eines hochalpinen Gebiets: Welchen Einfluss hätte das Auftauen dieser dauergefrorenen Böden durch den Klimawandel? „Das Modell zeigt, dass ein Abschmelzen langfristig zu einer Verringerung der Hochwasserspitzen führen kann, weil die aufgetauten Böden Wasser besser speichern als gefrorene“, gibt Rogger hier Entwarnung. Für ihre Arbeit erhielt die Hochwasserexpertin im Vorjahr den Ernst-Fehrer-Preis der TU Wien. Peter Haas/TU Wien

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2014)

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