Die Stromerzeugung der Zukunft

Christoph Groiß von der Technischen Universität Wien untersuchte, unter welchen Voraussetzungen eine nachhaltige Stromerzeugung funktioniert.

Wenn es um die Stromerzeugung der Zukunft geht, wird gerne von „Energiewende“ gesprochen und auf „Erzeugungspotenziale“ aus Wasser, Wind, Sonne und Biomasse verwiesen. Diese sind tatsächlich groß: Selbst unter konservativen Annahmen – also dass etwa Flüsse nur an unproblematischen Stellen verbaut werden – könnte Österreich vom Jahresverbrauch her locker auf nachhaltig umstellen, berechnete Christoph Groiß am Institut für Energiesysteme (TU Wien, Betreuer: Günther Brauner).

„Das Problem ist nicht mehr die Erzeugung“, betont der Elektrotechniker, „sondern die Speicherung.“ Bei der Diskussion wird das gern vergessen: Da Strom kaum speicherbar ist, müssen Erzeugung und Verbrauch exakt übereinstimmen. Wir zapfen jedoch genau dann am meisten davon, wenn die Sonne am kürzesten scheint, kaum Wind geht und die Flüsse wenig Wasser führen: im Winter. Umgekehrt wissen wir im Sommer, wenn Sonnenkollektoren und Windräder heiß laufen, nicht wohin mit all der Energie. Schwankende Wind-, Wasser- oder Sonnenjahre verschärfen das Problem.

Groiß suchte das optimierte System: Wo müssten Wind, Wasser oder Biomasse ausgebaut und wie mit Vorhandenem kombiniert werden, damit so wenig fossile Brennstoffe wie möglich benötigt werden? Eckpfeiler seiner Berechnungen: „Am wichtigsten ist der Verbrauch. Wenn es gelingt, künftig gleich viel oder weniger Strom zu verbrauchen, können mehr als 95 Prozent des Jahresverbrauchs aus regenerativen Quellen gedeckt werden.“ Vorausgesetzt, alle Energieformen werden ausgeschöpft: Erst ein Strommix gleicht die Schwächen einzelner Systeme aus. Zudem braucht es neue, starke Leitungen, die die unterschiedliche Erzeugung (eher fluktuierend im Osten, die Speicherung im Westen) bewältigen. „Und man muss Abregelung zulassen!“ Also in Kauf nehmen, bei wenig Nachfrage den grünen Strom aus gut ausgebauten Systemen wegzuwerfen – etwa Windräder abzuschalten –, statt den Ausbau auf die wenigen Spitzentage hin zu optimieren, sonst aber zu wenig zu haben.

Ein Ausbau der Regenerativen ist hinsichtlich künftiger Entwicklungen sinnvoll: Überschüssiger Strom kann in leicht speicherbare Gase wie Methan oder Wasserstoff umgewandelt werden. „Das Verfahren ist klimaneutral, derzeit aber zu teuer“, sagt Groiß.

Wird all das berücksichtigt, bräuchte es fossile Brennstoffe nur als Notnagel: für die Bedarfsspitzen im Winter.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.