Alles, was Sie über Doping wissen wollten

David Müller hat eine Doping-Enzyklopädie geschrieben: Was ist Doping, wer dopt, warum wird gedopt, warum ist es verboten, und wie kann man dagegen vorgehen.

„Spitzensportler sind nicht das Problem: Die paar Tausend in Österreich kann man gut informieren und kontrollieren“, sagt David Müller von der Nationalen Anti-Doping Agentur (NADA Austria): „Viel wichtiger ist es, Nachwuchssportler und den Breitensport zu erreichen. Bewusstseinsbildung ist vor allem in der Jugendkultur, in Fitnessstudios gefragt. Zudem gilt es, Doping-Dealer aus dem Verkehr zu ziehen.“

Der Sportwissenschaftler hat eine 900-Seiten Dissertation (Uni Wien, Betreuer: Konrad Kleiner) über Anti-Doping geschrieben, eine Enzyklopädie über Prävention und Repression, Historisches und Rechtliches. „Mit Doping ist es ähnlich wie bei Alkohol am Steuer: Früher gab man damit an, dass einem der Führerschein mit 2,3 Promille abgenommen wurde. Heute hat sich ein Unrechtsbewusstsein durchgesetzt.“ Als ausgebildeter Lehrer hat Müller eine didaktische Arbeit verfasst.

Erstens erklärt er, was Doping ist, welche Techniken und Mittel erlaubt sind, welche nicht. Zweitens, wo Doping vorkommt: „Die Dopingmentalität im Alltag steigt weiter. So nehmen viele Medikamente, um auch krank zur Arbeit zu gehen. Hyperaktive Kinder werden mit Ritalin behandelt. Das ist aber im Vergleich zum Sport kein breit diskutiertes Thema.“

Drittens geht Müller auf Psychologie und Soziologie ein: Warum wird gedopt? Welchen Einfluss haben Ärzte, Vereine, Sponsoren, Medien und das Publikum? „Es ist zwiespältig: Alle fordern vom Sportler, der Beste zu sein. Wie die Leistung zustande kommt, wird aber selten hinterfragt.“ Viertens führt Müller aus, warum Doping verboten ist. Dabei spielt die Gesundheit eine zentrale Rolle: „EPO wird seit fast 30 Jahren im Sport verwendet. Niemand weiß, welche Langzeitfolgen es haben wird. Bei Sportlern der ehemaligen DDR sieht man heute, welche dramatischen Gesundheitsschäden durch den Anabolika-Missbrauch auftreten.“

Fair wäre eine Doping-Freigabe sicher nicht, auch nicht unter ärztlicher Aufsicht: „Es hätten nie alle Zugang zu denselben Mitteln, und der Medikamenten-Cocktail ist unvereinbar mit dem ärztlichen Grundverständnis.“

Schließlich liefert Müller zahlreiche Vorschläge, die Anti-Doping-Arbeit zu verbessern: „Im Kontrollbereich müssen unabhängige Agenturen agieren, die wiederum kontrolliert werden müssen. Kontrollen durch die eigenen Verbände sind so, als ob eine Firma ihre eigene Bilanzprüfung übernimmt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2014)

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