Männlichkeit und Religion in Serie

Die Grazer Religionswissenschaftlerin Lisa Kienzl hat die US-amerikanische TV-Serie „Supernatural“ wissenschaftlich beleuchtet.

Es war einmal ein französischer Philosoph, Jean-François Lyotard, der sah mit der Postmoderne „das Ende der großen Erzählungen“ angebrochen, also von allgemeingültigen Erklärungsprinzipien wie Gott oder Marxismus. Der Erfolg mancher TV-Produktion, so Lisa Kienzl, zeige weiterhin das Bedürfnis nach mystischen, religiösen und spirituellen, also „großen“ Erzählungen.

Die Religionswissenschaftlerin untersuchte für ihre Dissertation an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Uni Graz die US-Fantasy-Erfolgsserie „Supernatural“, die seit 2005 ausgestrahlt wird (Betreuerin: Theresia Heimerl). „Mich interessierte vor allem die Rolle, die religiöse Elemente darin spielen, und das Bild von Männlichkeit, das die Serie transportiert.“ In „Supernatural“ kämpfen zwei Männer gegen das Böse, das in Form von Dämonen, mythischen Fabelwesen oder dem Teufel die Welt bedroht. „Figuren und Symbole aus ganz verschiedenen Religionen treten auf“, so Kienzl, „dominant sind jedoch Elemente der jüdisch-christlichen Tradition.“


Erstaunlich bibelgetreu. So werden, erstaunlich bibelgetreu, klassische Erzählungen aus dem Alten oder Neuen Testament aufgegriffen, wie die vier apokalyptischen Reiter oder der Teufel im Kampf gegen Erzengel Michael. Die Engel schlagen mit Flügeln, Dämonen werden mit religiösen Symbolen wie Weihwasser besiegt. „Interessanterweise wurden gerade die jüdisch-christlichen Figuren vom Publikum sehr positiv aufgenommen“, so Kienzl, die auch die Diskussionen der Fangemeinde in den USA und Europa analysierte. „Das höhere Interesse führte über die Jahre dazu, dass das Jüdisch-Christliche in der Serie immer dominanter wurde.“ Das transportierte Männerbild – Frauen sind eher Beiwerk – ist einfach gestrickt: „Geschlechtsstereotyp werden Gefühle unterdrückt, wird Führung übernommen, ist Alkohol ein zentral mit Männern verbundenes Thema“. Der eine Hauptdarsteller trägt Lederjacke und fährt ein Muscle-Car, der andere ist als Gegenpol reflexiv und gebildet.

Besonders seit dem 11. September folgen mehr US-Produktionen dem Trend zur simplen Welterklärung, so Kienzl. „Gut siegt über Böse, traditionelle Werte werden zelebriert – man denke an die Twilight-Saga.“ Gerade in Serien, die sich in Wechselwirkung mit dem Publikum weiterentwickeln, spiegle sich das Bedürfnis nach einer Welt, die einfach und in Ordnung ist, sich von der eigenen Welt abhebe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2014)

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