PR-Unwörter auf dem Prüfstand

Cornelia Stiegler hat Emotionalität in PR-Texten untersucht: Viele Texte sind austauschbar, Emotionen kommen dennoch über Spiegelneurone beim Leser an.

Die Dissertation habe ich ausschließlich am Abend und am Wochenende geschrieben“, sagt Cornelia Stiegler. Sie leitet seit Frühling 2013 die steirische Redaktion des Frauenmagazins „Moments“ (Weekend Verlag) und schaffte es, in nur drei Jahren die Dissertation am Institut für Germanistik der Universität Graz zu verfassen (Betreuer: Paul Portmann).

Ausgesprochen „berufsunfreundlich“ emfpand Stiegler dabei die Öffnungszeiten der Germanistik-Bibliothek der Universität: Zwischen 9 und 15 Uhr können berufstätige Studierende nur schwer Zeit für Bibliotheksbesuche finden. Trotzdem gelang es ihr, in zweijähriger Literaturrecherche alles ausfindig zu machen, um die großen Fragen ihrer Arbeit zu lösen.

Das Thema der Dissertation: Emotionen in PR-Texten. Immerhin weiß man, dass Informationen besser gespeichert werden, wenn sie Gefühle auslösen. „Da ich mich selbst beruflich mit PR-Texten auseinandersetzen muss, finde ich das Thema sehr spannend. Noch dazu wurden Strategien der Emotionalisierung in PR-Texten bisher kaum erforscht. Die Werbeforschung konzentrierte sich eher auf Marketing, Slogans und Bildsprache. Im Gegensatz dazu habe ich nun das Thema Emotionen aus linguistischer Sicht untersucht“, sagt Stiegler.

Mehr als 100 Texte aus Printmedien

Die gebürtige Knittelfelderin hat dazu 106 PR-Texte aus steirischen Printmedien gesammelt, das Ergebnis kann aber auf ganz Österreich umgelegt werden. „Ich habe nur solche PR-Texte genommen, die auf den ersten Blick in Magazinen und Zeitungen wie journalistische Artikel wirken und sich im Layout dem veröffentlichenden Medium anpassen.“ Dazu gehören scheinbar objektive Berichte, vorgetäuschte Reportagen und Fake-Interviews mit Vertretern des Unternehmens oder „zufriedenen Kunden“.

Nach Analyse von Wortwahl, Bildwahl, Syntax und Layout weiß sie: Extrem austauschbar und langweilig sind diese Texte. „Obwohl die deutsche Sprache ein so breites Spektrum an Wörtern bietet, kommen unabhängig von Branche und Medium die immer gleichen Worte vor“, sagt Stiegler. Erfolgreich, innovativ und individuell – die Lieblingswörter der PR-Texter.

Dabei zeigen Studien, dass Werbung besser funktioniert, wenn die Marke oder das Produkt einzigartig und unverwechselbar präsentiert werden. In der Literaturrecherche erfuhr Stiegler auch, dass sogar negative Emotionen sinnvoll zu Werbezwecken genutzt werden können. „Löst man im Text eingangs Angst aus, kann das Anbieten von Lösungen eine positive beruhigende Wirkung auf den Leser haben. Bei Wut oder Ärger klappt es weniger. Doch aktuelle PR-Texte in Österreich vermeiden jegliche Schlagwörter, die negative Emotionen auslösen könnten“, führt Stiegler aus.

Während der Recherchen tauchte natürlich die Frage auf, wie Emotionen überhaupt durch das Lesen von Texten zustande kommen können. Hauptverantwortlich dürften die Spiegelneurone sein, durch die wir Gefühle anderer Menschen mitempfinden können. Diese Gruppe von Nervenzellen wird seit 20 Jahren in psychologischen Experimenten untersucht. Dabei zeigte sich, dass auch gelesene Sprache diese Spiegelneurone aktiviert: „Durch Bilder funktioniert es besser als durch Texte. Doch Wörter lösen in unserem Gehirn ja bildliche Assoziationen aus.“

Leitfaden mit Praxis-Tipps

In ihrem „Leitfaden für PR-Text-Optimierung“ am Ende der Dissertation rät Stiegler daher unter anderem, emotionale Wörter direkt in die Überschrift zu packen und gibt praxisnahe Tipps, wie PR-Texte spannender und emotionalisierender gestaltet werden können.

ZUR PERSON

Cornelia Stiegler wurde 1985 im steirischen Knittelfeld geboren. 2003 ging sie für das Studium nach Graz, wo sie bis heute lebt. Schon während
des Germanistik-Studiums an der Universität Graz versuchte sie im Journalismus Fuß zu fassen und begann nach ihrer Sponsion 2009 (Diplomarbeit: „Zielgruppenorientierung in der Fernsehwerbung“) beim „Weekend Magazin“ in Graz als Redakteurin.
Seit 2013 ist sie Chefredakteurin des monatlich erscheinenden Frauenmagazin „Moments“
(Steiermark).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2014)

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