Geld verteilt über Generationen

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Bernhard Hammer hat verglichen, wie wirtschaftliche Werte über Altersgruppen umverteilt werden: Auch Haushaltsleistungen sind im „Nationalen Transferkonto“ erfasst.

Bei nationalem Transfer denken viele an IBAN oder an Fußballer, die von Rapid zu Salzburg wechseln. Doch nicht alles ist Geld und Spiel. Das sogenannte Nationale Transferkonto versucht, ökonomische Transfers zwischen Generationen zu erfassen. Bernhard Hammer hat sich in seiner Dissertation „The Economic Life Course: An Examination Using National Transfer Accounts“ dem Thema gewidmet: am Institut für Wirtschaftsmathematik der TU Wien (Betreuerin Alexia Fürnkranz-Prskawetz), gefördert vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF.

„Es geht um Transfer von Ressourcen zwischen Altersgruppen“, erklärt Hammer. Eine bekannte Methode zur Berechnung der nationalen Wirtschaftsleistung ist die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR). Ein Maß daraus ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP), und man weiß, wie viel Einkommen für Konsum oder Sparen verwendet wird: „Das nationale Transferkonto fügt die Information Alter hinzu: Wie wird Einkommen aus Arbeit oder Vermögen generiert und zwischen Altersgruppen umverteilt?“

Bevölkerungsalterung besser verstehen

Transfers zwischen Altersgruppen sind etwa Pensionszahlungen des Staates, Leistungen des Gesundheitssystems oder das private Unterstützen von Familienmitgliedern. „Wir nutzen Daten von Konsum- und Einkommenserhebungen, von Sozialministerium und Sozialversicherung, um altersspezifisches Einkommen, Konsum und Beiträge zu Transfersystemen zu schätzen.“ Man will damit ökonomische Konsequenzen der Bevölkerungsalterung besser verstehen: Nationale Transferkonten zeigen den Zusammenhang zwischen der Altersstruktur der Bevölkerung und der jeweiligen wirtschaftlichen Aktivität.

Hammer hat in der Dissertation versucht, auch die Produktion, die innerhalb des Haushaltes unentgeltlich erledigt wird, zu erfassen: Leistungen wie Putzen, Kochen und Pflege werden in der VGR nämlich nicht berücksichtigt. „Dabei geht es hier stark um Transfer zwischen Altersgruppen: z.B. Kinderbetreuung oder die Pflege von älteren Haushaltsmitgliedern.“ Als Basis diente die Zeitverwendungserhebung der Statistik Austria, bei der Tätigkeiten tagebuchartig im 15-Minuten-Takt notiert werden. „Der Wert der unentgeltlichen Hausarbeit entspricht ca. 30 Prozent des BIPs, wenn man die dafür aufgewendete Zeit in Lohn umrechnet.“

Es zeigte sich eine Asymmetrie zwischen öffentlichen und privaten Transfers: Öffentliche Transfers fließen stärker von der arbeitenden (jungen) Bevölkerung zu den Alten (Pensionen, Gesundheitssystem). Private Transfers fließen hauptsächlich von Eltern zu Kindern (Kinderbetreuung, finanzielle Unterstützungen). Das Sozialsystem besteht eben nicht nur aus staatlichen Leistungen, und das Transferhaushaltskonto misst auch private Leistungen, vor allem in Familien. Das Projekt ist international angelegt: 40 Länder entwickeln derzeit ihr Nationales Transferkonto. Der Ländervergleich zeigt etwa, dass die Menschen in Österreich früher als in anderen Ländern ins Erwerbsleben eintreten. In Schweden wird hingegen länger gearbeitet: „Das Arbeitssystem und Sozialsystem sind dort bereits auf eine alternde Gesellschaft eingestellt“, sagt Hammer.

Interessant sind auch die Unterschiede zwischen Männern und Frauen: In Slowenien gehen Frauen nur kurz in Babypause, kehren relativ schnell in Vollzeitarbeit zurück, verdienen daher insgesamt nicht viel weniger als Männer. In Italien und Spanien verdienen Frauen sehr viel weniger als Männer, verwenden aber (inklusive Haushalt), mehr Zeit für Produktionsaktivitäten als Männer. In Österreich ist der Zeitaufwand für Produktionsaktivitäten hingegen ausgeglichen – Männer leisten zwei Drittel des Erwerbseinkommens, Frauen zwei Drittel der Hausarbeit.

ZUR PERSON

Bernhard Hammer wurde 1979 im Pongau geboren, machte nach einer Schlosserlehre das Abendgymnasium in Salzburg und studierte an der Uni Wien Wirtschaft und Statistik. Sein Erasmus-Semester verbrachte er in Tampere, Südfinnland. Von 2010 bis 2014 schrieb er an der Dissertation und wird im EU-Folgeprojekt Agenta am Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften tätig sein. Doch derzeit fährt Hammer mit dem Fahrrad durch Peru, Bolivien, Argentinien und Chile.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2014)

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