Aus Gas wird „schwarzes Gold“

Die Linzer Chemikerin Catharina Paukner leitet in Cambridge eine Firma, die weltweit einzigartig das Material Graphen in riesigen Mengen herstellen kann.

Eigentlich wollte ich nur drei Monate in Cambridge bleiben“, sagt Catharina Paukner. Und heute baut sie in England die weltgrößte Graphenfabrik auf. Graphen ist wertvoller als Gold, es ist ein dünnes Kohlenstoffgitter, das in Manchester erstmals isoliert wurde und seit wenigen Jahren als Wunderstoff der Elektronik- und Halbleiterindustrie gilt. Das feine schwarze Material wird Sensoren und Displays der Zukunft revolutionieren.

Ähnlich wie Graphen, ein Nano-Kohlenstoff, sind auch Kohlenstoff-Nanoröhren ein modernes Produkt für die Elektronik. „Nanotubes“ machen es möglich, dass Stromkabel, die in gewöhnlichen Haushalten vorkommen, in Zukunft nur noch einen Durchmesser von einem Zehntel Millimeter haben.

Paukner war während des Stipendiums an der University of Cambridge so begeistert von dem dynamischen und familiären Umgang im Labor der Kohlenstoff-Nanoröhren-Entwickler, dass sie hier auch ihr Doktorat machen wollte. „Nach dem Chemie-Studium an der Uni Graz habe ich zuerst fünf Monate eine Weltreise gemacht. Doch die Forschungen hier sind so spannend, dass ich in England geblieben bin, das von der Landschaft her ja nicht so attraktiv ist“, schmunzelt die Linzerin, die in England auch für die Forschungszentren von weltbekannten Automobil- und Flugzeugherstellern arbeitete.

Inzwischen sehen die britischen Medien in Paukner einen regelrechten Superstar, weil sie es schafft, Graphen in großen Mengen herzustellen.

„In meiner Dissertation habe ich einen kleinen Reaktor entwickelt, der Biogas, Alkohol und andere Kohlenwasserstoffe in Nano-Kohlenstoffe verwandeln kann. Das klappte aber nur im Labormaßstab. Die relativ kleinen Mengen waren ausreichend für unsere Forschungen.“ Die Möglichkeiten der Graphenherstellung waren so breit gefächert, dass sie sogar Kuhrülpser, also Methan, in „schwarzes Gold“ verwandeln hätte können.

Doch der Reaktor verbrauchte sehr viel Energie. „Die Spaltung der Kohlenwasserstoffe in Kohlenstoff und Wasserstoff verlief ,thermisch‘, also bei sehr hohen Temperaturen. Jetzt habe ich mit meinem Team einen Reaktor entwickelt, der auf Plasmatechnologie zurückgreift, um die Kohlenwasserstoffe zu spalten“, sagt Paukner. Jetzt klappt die Molekülspaltung in einem Gerät, das wie eine handelsübliche Mikrowelle funktioniert.

„Das bringt auf kleinem Raum sehr viel Energie ein, so wird das Plasma hergestellt, durch das wir Graphen und reines Wasser als Abfallsubstanz produzieren. Die neue Technologie verbraucht nur ein Zehntel der Energie der thermischen Spaltung, und wir können fünf Tonnen Graphen pro Jahr herstellen“, erzählt Paukner. Im Graphen-begeisterten England bekam sie schnell Förderungen für eine Firmengründung und ist seit 2012 wissenschaftliche Leiterin von Cambridge Nanosystems. Ihre Firma bezieht nun im Februar ein 2500 Quadratmeter großes Laborgebäude in Cambridge und verkauft sowohl selbst entwickelte Nanotubes-Reaktoren an Forschungseinrichtungen als auch das produzierte Graphen an Firmen, die damit ihre eigenen Produkte verbessern wollen. „In einem EU-Projekt versuchen wir derzeit, den Wasserstoff in diesem Prozess auch als Energiequelle zu nutzen, damit die Reaktoren eine Null-Energie-Bilanz erreichen“, sagt Paukner.

Stammtisch der Österreicher

Sie hat sich in Cambridge auch gesellschaftlich gut vernetzt und gründete dort 2010 die erste „Austrian Society“, die sich wöchentlich zum Stammtisch traf. Heute zählt der Verein der Auslandsösterreicher in Cambridge schon 120 Mitglieder: „Wenn ich mit dem Firmenaufbau fertig und nicht mehr so viel unterwegs bin, freue ich mich schon darauf, wieder zum Stammtisch der Österreicher zu gehen.“

ZUR PERSON

Catharina Paukner wurde 1984 in Linz geboren, studierte Chemie an der Karl-Franzens-Universität Graz. Nach der Spezialisierung auf Polymer-Chemie und Anorganik kam sie für einen Forschungsaufenthalt nach Cambridge in England, wo sie ihre Leidenschaft für Nano-Kohlenstoffe wie Graphen und Kohlenstoff-Nanoröhren entdeckte. Jetzt leitet sie dort Cambridge Nanosystems, das Graphen in den weltweit größten Mengen herstellen kann.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2015)

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