Nicht sichtbar für das freie Auge

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Der Materialwissenschaftler Gilles Bourret entwickelt Nanodrähte, die tausendmal dünner als ein Haar sind. Sie können Licht absorbieren und Solarzellen effizienter machen.

Kann man die Eigenschaften eines Materials verändern, indem man die Geometrie kleinster Bestandteile kontrolliert? Daran arbeiten typischerweise Nanotechnologen. Nanopartikel sind klein, sehr klein. Ein menschliches Haar ist im Durchschnitt 100.000 Nanometer dick – Nanopartikel sind nur wenige Nanometer lang oder breit. „Bei Nanomaterial bestimmt die Form der einzelnen Nanopartikel, welche Eigenschaften für das Material herauskommen“, sagt Gilles Bourret, Materialwissenschaftler an der Universität Salzburg.

Der gebürtige Franzose entdeckte während seines Studiums, wie faszinierend Nanophysik und Nanochemie sind. „Während der Vorlesungen über Nanowissenschaft und Nanophysik hat es bei mir klick gemacht: Das ist genau das, was zu mir passt“, berichtet Bourret. „Wenn wir die Form und Größe der Nanopartikel kontrollieren, können wir verändern, wie sie wirken sollen“, sagt er und zählt eine Reihe von Eigenschaften auf: „Die elektrische Leitfähigkeit, die Wechselwirkung mit Licht, die Oberflächenspannung und die biologische Aktivität.“ Dementsprechend arbeiten in der Nanotechnologie auch stets Wissenschaftler verschiedener Disziplinen zusammen: Physiker, Chemiker, Biologen, Mediziner und Techniker.

Neues Zentrum ab 2016

Bourret ist seit 2014 Assistenzprofessor an der Fakultät für Naturwissenschaften in dem jungen Fachbereich Chemie und Physik der Materialien. „Die Forschungsrichtung ist für die Uni Salzburg sehr neu, wir wachsen noch“, sagt Bourret. Nächstes Jahr soll die Arbeitsgruppe in ein neues Gebäude in der Nähe des Salzburger Hauptbahnhofs übersiedeln, derzeit findet man den Fachbereich noch in der Hellbrunnerstraße im Hauptgebäude der Nawi Salzburg.

Bourret wird dann der Leiter des Zentrums für Elektronenmikroskopie am neuen Standort: Dort soll ein neu erworbenes Transmissions-Elektronenmikroskop die winzigen Nanostrukturen verschiedenster Materialien noch besser sichtbar machen.

„Meine Forschung konzentriert sich auf Nanopartikel und ihre Wechselwirkung mit Licht“, erklärt Bourret. Sind die winzigen Stückchen kürzer als die Wellenlänge von rotem, grünem oder blauem Licht, so absorbieren sie dieses zielgerichtet. „Durch die Form und Struktur der Nanopartikel können wir also steuern, welche Lichtanteile ein Material absorbiert“, beschreibt Bourret.

Er vergleicht es mit einer herkömmlichen Radioantenne: Bei den langen Metalldingern ist die Form der Antenne ausschlaggebend, welche Frequenz damit empfangen werden kann. Bei schlechtem Empfang geht man zum Radio und verdreht die Antenne solange, bis es nicht mehr knackst und rauscht. „So ähnlich, nur in sehr kleinen Dimensionen, funktioniert unsere Entwicklung: Die Nanopartikel haben eine bestimmte Form und Ausrichtung im Raum, die bestimmt, ob das Material UV-Licht absorbiert oder grünes oder rotes Licht.“

Effizientere Solarzellen und Batterien

Was ursprünglich als Grundlagenforschung startete, hat nun große Bedeutung für die angewandte Forschung. Denn aus den Licht absorbierenden Materialien wird Nanodraht hergestellt. Lange Drähte, mit 100 Nanometer Durchmesser, kaum sichtbar für das freie Auge und tausendmal dünner als ein Haar. Nanodrähte haben den Vorteil, dass sie eine riesige Oberfläche bieten, an der das Material aktiv werden kann.

So soll die Erfindung aus Bourrets Gruppe helfen, Solarzellen der Fotovoltaik effizienter zu machen oder Lichtsensoren zu revolutionieren. Immerhin werden Halbleiter in der Elektroindustrie immer kleiner und kleiner. „Nanodrähte sind so klein, dass man damit auch die biologische Aktivität in lebenden Zellen messen kann, ohne die Zelle dabei zu zerstören“, sagt Bourret, der für seine Forschungen kürzlich den Anton-Paar-Wissenschaftspreis der Gesellschaft Österreichischer Chemiker erhalten hat.

Umzug nach Salzburg: Ein Glücksfall

Auch in der Photokatalyse, einer Technik, bei der durch Licht chemische Prozesse in Gang gebracht werden, kann die neue Nanotechnologie gut eingesetzt werden, ebenso um Batterien noch effizienter zu machen.

Der Umzug aus den USA nach Salzburg war für Bourret ein Glücksfall: „Ich wollte nach acht Jahren in Nordamerika wieder nach Europa. Die Uni Salzburg hat als Erste zugesagt, und meine Frau und ich waren schnell begeistert wegen der schönen Landschaft, den Möglichkeiten zum Wandern und Biken. Und wissenschaftlich habe ich hier beste Bedingungen.“

ZUR PERSON

Gilles Bourret wurde 1982 in Toulouse, Frankreich, geboren und studierte dort Materialphysik. Seit der Dissertation an der McGill-Universität in Montreal, Kanada, forscht er an Nanomaterialien. Zuletzt war er drei Jahre lang in Chicago an der Northwestern University tätig, bevor er 2014 als Assistenz-Professor an die Universität Salzburg kam. Hier lehrt und forscht er im Fachbereich „Chemie und Physik der Materialien“.

Alle Beiträge unter:diepresse.com/jungeforschung

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2015)

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