Wenn es in der Physik funkt

(c) Uni Linz/Martin Lusser
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Die Physikerin Martyna Grydlik entwickelt Laser aus Silizium und Germanium, die Basis für eine Revolution in winzigen Computerchips sein können. Sie gewann nun das Österreich-Finale des Science Slams.

Warum klappt es längst, dass man über weite Strecken Daten mit Licht transportiert, aber in der Mikrowelt der Computerchips ist dies nicht möglich? Während Glasfaserkabel die langstreckige Datenübertragung revolutioniert haben, suchen Forscher weltweit nach der nächsten Revolution der Elektronik: Sie wollen Licht oder Laser in Mikrochips für Handys oder Computer einsetzen, um Daten noch schneller zu übertragen.

„Es liegt daran, dass Silizium, der Halbleiter, aus dem fast alle Mikrochips gebaut sind, ganz schlechte optische Eigenschaften hat“, erklärt Martyna Grydlik vom Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik der Uni Linz. Sie gewann mit ihrer Darstellung von Halbleiterwissen kürzlich den Science Slam in Linz und nahm soeben bei der Langen Nacht der Forschung, am 22. April, am Österreich-Finale in Wien teil. Das Plastikhuhn, mit dem sie ein im Halbleiter wanderndes Elektron vorspielt, fehlte freilich auch hier nicht und Martyna Grydlik gewann auch das Finale: Sie wird also heuer Österreich beim Europafinale des Science Slam in Hamburg vertreten.

Silizium wie Sand am Meer

Silizium ist bisher so weit verbreitet, weil es billig zu haben ist und es wörtlich „wie Sand am Meer“ vorkommt: Sand besteht aus Silizium-Oxid, aus dem man relativ leicht hochreines Silizium herstellen kann.

„Aber man kann Silizium kaum dazu bringen, Licht auszustrahlen“, sagt Grydlik. Das wäre jedoch notwendig, um Lasertechnologien innerhalb von Mikrochips anwenden zu können. Doch an ihrem Institut gelang nun weltweit erstmals eine Kombination mit dem Halbleiter Germanium, damit diese beiden an sich „lichtfaulen Halbleiter“ bei Raumtemperatur Licht produzieren. „Es gibt zwar schon Silizium-Germanium-Zinn-Laser, doch sie funktionieren nur bei minus 150 bis minus 200 Grad Celsius“, sagt die gebürtige Polin.

„Das ist für den Alltag nicht sinnvoll. Unsere Silizium-Germanium-Lichtquellen funktionieren bei Raumtemperatur.“ Die Technik dahinter ist sehr gefinkelt: Auf Nanometer kleinen Siliziumflächen lassen die Forscher Germanium-Punkte wachsen.

Wie mit winzigen Legosteinen bauen sie aus Atomen kleine Käfige aus Germanium, in die ein wanderndes Elektron eingesperrt werden kann. „Im Elektronenmikroskop sieht es fast aus wie die Pyramiden in Ägypten, wenn diese Quantenpunkte fertig gewachsen sind“, beschreibt Grydlik. Atomschicht für Atomschicht türmen sich die Nanopyramiden aus Germanium auf, deren Lage man auf den Silizium-Schichten genau planen kann. „So kann man viele Parameter, die in der Elektronik wichtig sind, gut verändern.“ Beschießt man diese Silizium-Germanium-Mischung mit Laserlicht, kann man Laserlicht mit einer für die Mikroelektronik relevanten Wellenlänge erzeugen.

Der nächste Schritt ist wichtig für die Entwicklung von laserbasierter Elektronik: „Wir müssen es schaffen, durch elektrischen Strom Laserlicht zu erzeugen.“ Dann kann man Daten auch in den Mikrochips so schnell wie in Glasfasern übertragen.

Privat hat es auch gefunkt

Gefunkt hat es für Martyna Grydlik auch im privaten Bereich am Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik in Linz: Denn hier lernte sie Moritz Brehm kennen, damals ebenfalls Doktorand, mit dem sie heute verheiratet ist. Dass man sowohl gemeinsam eine Familie hat, als auch gemeinsam publiziert, stört die junge Polin gar nicht. So lassen sich sogar Engpässe in der Kinderbetreuung leichter managen.

Auch in ihrer Show beim Science Slam im ausverkauften Posthof hatte ihr Mann einen kleinen Auftritt: Er schritt in der Rolle des deutschen Physikers Werner Heisenberg über die Bühne, während Grydlik die Grundlagen der Heisenbergschen Unschärferelation erklärte.

Theaterspielen als Hobby

Das Theaterspielen lernte Grydlik übrigens in Wels: Sie absolvierte drei Jahre lang eine Puppentheaterschule. „Seither bin ich viel im Improvisationstheater tätig“, berichtet sie mit Freude. Seit ein paar Jahren ist Grydlik Laiendarstellerin im Kultur- und Theaterverein Lonesome George in Linz. „Wir haben schon mehrere Projekte über die Position von Frauen in der Gesellschaft in verschiedenen Kulturen gemacht.“

Lang bevor es hierzulande ein „Hot Topic“ war, beschäftigte sich diese Theatergruppe schon mit der Stellung von Frauen mit Migrationshintergrund. „Auch über das Bienensterben hatten wir schon ein Stück“, sagt die Physikerin, deren Tag fast mehr als 24 Stunden zu haben scheint.

ZUR PERSON

Martyna Grydlik wurde 1980 in Warschau, Polen, geboren. Zum Studium der Physik zog sie im Jahr 2003 nach Linz. Nach ihrer Dissertation ging sie als Postdoc an das Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung in Dresden. 2014 konnte sie mit einem FWF-Projekt wieder nach Linz zurückkehren, wo auch ihr Mann, Moritz Brehm, am Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik tätig ist. Die beiden Forscher haben zwei Kinder.

Alle Beiträge unter:diepresse.com/jungeforschung

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2016)

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