Sie liebt Kälte, Schnee und Eis

Auf dem Sonnblick hat es 280 Tage im Jahr unter null Grad. Elke Ludewig versucht, einmal pro Woche das Team im Observatorium auf 3100 Metern zu besuchen.
Auf dem Sonnblick hat es 280 Tage im Jahr unter null Grad. Elke Ludewig versucht, einmal pro Woche das Team im Observatorium auf 3100 Metern zu besuchen. Wildbild
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Die Meteorologin Elke Ludewig ist die bisher jüngste Leiterin des Sonnblick-Observatoriums in den Salzburger Bergen. Zuvor forschte sie in der Antarktis.

Mit Minustemperaturen kennt Elke Ludewig sich gut aus. Die 29-Jährige ist die bisher jüngste Leiterin des Sonnblick-Observatoriums, das auf 3100 Metern Seehöhe bei Rauris in Salzburg täglich Wetterdaten und andere Messwerte liefert. Die Einrichtung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) erhält mit Ludewig erstmals eine eigene Leitung, bisher wurde das Sonnblick-Observatorium vom Leiter der Salzburger Dienststelle der ZAMG mitgeführt.

„Inzwischen laufen aber so viele Projekte und Forschungen, dass die Koordination viel Zeit in Anspruch nimmt“, sagt Ludewig. Sie lebt im Pongau und versucht – je nach Wetterlage –, einmal pro Woche das Team der Mitarbeiter am Observatorium zu besuchen. Die restlichen Tage pendelt sie in die Stadt Salzburg, wo bei Freisaal das ZAMG-Büro der Sonnblick-Leitung liegt.

An durchschnittlich 280 Tagen im Jahr beträgt die Tageshöchsttemperatur am Sonnblick unter null Grad. Elke Ludewigs voriger Job war noch „kälter“ und minus 20 bis minus 40 Grad keine Ausnahme. Sie leitete das meteorologische Observatorium der deutschen Polarforschungsstation Neumayer des Alfred-Wegeners-Instituts in der Antarktis. Diese Aufgabe wird Jahr für Jahr neu vergeben, da man die Belastungen des langen, dunklen Winters niemandem länger zumuten will.

Geburtstagsfeier in der Antarktis

„Prinzipiell mag ich alle Jahreszeiten sehr gern, genieße die Abwechslung. Aber der Winter war immer schon etwas ganz Besonderes für mich, und ich wusste schon als Kind, dass ich einmal in der Antarktis leben möchte“, sagt Ludewig fröhlich. So zog sie von Februar bis November 2015 in die Südpol-Region, gemeinsam mit acht anderen Überwinterern: vier Wissenschaftlern, einem Ingenieur, einem Elektriker und einem Arzt. „Natürlich entwickelt sich ein familiäres Verhältnis. Wir haben darauf geachtet, dass die drei Mahlzeiten am Tag gemeinsam eingenommen werden. Ostern und Geburtstage haben wir auch gefeiert“, sagt Ludewig. Jährlich treffen sich alle Mitarbeiter, die je auf der Neumayer-Station überwintert haben, in Bremerhaven während der europäischen Sommersonnenwende zur antarktischen Mittwinter-Feier und machen per Live-Schaltung dem aktuellen Überwinterer-Team in der Antarktis Mut.

„Ich hatte Glück, dass die Station inzwischen neu gebaut ist. Früher war das eine unterirdische Metallröhre. Die neue Station ist oberirdisch, man kann aus dem Fenster gucken, das ist ein gutes Lebensgefühl“, sagt die gebürtige Deutsche, die auch im Pongau aufgewachsen ist. Täglich begann in der Antarktis um fünf Uhr der Dienst: Alle drei Stunden werden Wetterdaten erhoben. Ludewig musste stets sichergehen, dass die Messgeräte frei von Eis, Raureif oder Schnee sind. „Zudem wurde täglich ein Wetterballon gestartet: Die Radiosonde liefert Informationen zum Profil der Atmosphäre. Und alle zwei Tage starteten wir Ozonsonden, um den Zustand des Ozonlochs zu erfassen.“

Die Vorbereitung auf die Antarktis-Zeit verbrachte Ludewig unter anderem in Österreich: In den Ötztaler Alpen wurde bei Kälteeinbruch, Schnee und Regen im Freien gezeltet. „Da zeigte sich, wer Kälte verträgt, und wer nicht“, schmunzelt sie. Die Faszination der Berge und der Kälte erfasste Ludewig schon als Kind, als sie das Buch „Der Sonnblick ruft“ von Edmund Josef Bendl las. Danach ermöglichten ihr die Eltern, als sie erst sechs Jahre alt war, den ersten Besuch auf dem Sonnblick. Inzwischen war sie schon mehrmals zu Fuß oder mit Ski oben. „Einmal bin ich mit der Transportseilbahn hinaufgefahren. Auch ein Erlebnis für sich.“

Am Sonnblick: Gefährliche Risse im Fels

Die Arbeit am Sonnblick ähnelt jener in der Antarktis, nur dass Ludewig hier ein Team hat, das die Klima- und Wetterbeobachtungen durchführt. Im Schichtdienst wechseln sich die Mitarbeiter ab, sodass immer zwei am Observatorium sind. Es gilt auch, die Sicherheit des alten Gebäudes zu prüfen: Die Station wurde 1886 errichtet.

Der Fels darunter wird durch Permafrost zusammengehalten, er war seit Jahrhunderten durchgefroren. Aber durch den Klimawandel und die Sonneneinstrahlung steigen die Temperaturen, es kann zu gefährlichen Rissen im Fels kommen.

Für Ludewig ist auch die interdisziplinäre Arbeit am Sonnblick motivierend: „Hier können Permafrostforscher mit Gletscherexperten zusammenarbeiten und zugleich die Bereiche Wetter, Klima, Aerosole oder Schneefarbe erforschen.“ Als Leiterin will sie nun auch neue EU-Projekte an Land ziehen.

ZUR PERSON

Elke Ludewig wurde 1987 in München geboren und hatte durch ihre österreichische Mutter das Salzburger Bergland stets als zweite Heimat. An der Uni Hamburg studierte sie Meteorologie und promovierte am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. Dabei beschrieb sie, wie große Offshore-Windparks durch die Umwandlung der Windenergie den Zustand der Atmosphäre und des Ozeans verändern.

Alle Beiträge unter:diepresse.com/jungeforschung

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2016)

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