Stephan Michael Weiss: Auf dem Mars gibt's kein GPS

Stephan Michael Weiss berät bis heute die Nasa. 2020 nimmt diese eine auf seinem Algorithmus basierende Drohne mit auf Mars-Mission.
Stephan Michael Weiss berät bis heute die Nasa. 2020 nimmt diese eine auf seinem Algorithmus basierende Drohne mit auf Mars-Mission. (c) karlheinzfessl.com/AGB
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Der Elektrotechniker Stephan Michael Weiss von der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt forscht an kamerabasierten Navigationssystemen für weltraumtaugliche (Flug-)Roboter.

Stephan Michael Weiss ist ein Mann mit Bodenhaftung. Dabei werden seine Ideen sogar den Mars erreichen. In seiner Doktorarbeit hat er den Algorithmus für eine GPS-unabhängige Helikopterdrohne entwickelt, welche die amerikanische Weltraumbehörde Nasa in zwei Jahren als Forschungstool an ihren Marsrover andocken wird. Seit der Promotion hat der 37-Jährige zudem eine ansehnliche Karriere hingelegt. „Es hat aber selten etwas auf Anhieb geklappt“, sagt er leichthin. Das halte er im Übrigen für die beste Voraussetzung, um als Forscher weiterzukommen. Selbstverständlich brauche man dazu auch Leidenschaft für die Sache und eine große Neugier nach dem Unbekannten, aber: „Ohne Durchhaltevermögen geht es nicht.“

Weiss studierte an der ETH Zürich Elektrotechnik und Informationstechnologie, bekam nach der Dissertation eine Festanstellung am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der Nasa in Kalifornien und wurde, als es ihn wieder nach Europa zog, 2015 Professor am Institut für Intelligente Systemtechnologien der Alpen-Adria-Universität (AAU) Klagenfurt: „Klingt nach stetigem Aufstieg, doch es hat mich oft viel Mühe und Umwege gekostet, meine Ziele zu verwirklichen.“

Roboter als mobile Helfer

Gut geplant ist halb gewonnen, lautet also seine Devise. „Den Grundstein für meine Kontakte zum JPL legte ein Auslandssemester am Massachusetts Institute of Technology, auf das ich mich acht Monate vorbereitete. Und meiner Arbeit am JPL gingen 15 Monate intensive Forschung voran.“ Bereits während des Studiums belegte er nebenbei Lehrveranstaltungen für Management und Projektplanung. „Das hat mir später sehr geholfen.“ Wie auch die Auslandsaufenthalte, etwa an der Uni in Barcelona oder für ein Praktikum in Mexiko. Als Kind Schweizer Eltern in Caracas, Venezuela, geboren, wurde ihm das Interesse an fremden Kulturen und Sprachen fast schon in die Wiege gelegt. „Das ist sozusagen mein Ausgleich zur Technik.“

Als Schüler liebäugelte Weiss eine Weile mit der Physik. „Dann sah ich aber in der Elektrotechnik doch mehr Praxisbezug.“ Abgesehen davon hätten ihn Lehrer gegen Ende der Gymnasialzeit in seiner Robotikbegeisterung bestärkt. Sein heutiges Spezialgebiet ist die Regelung vernetzter Systeme. „Miteinander vernetzte autonome Roboter können uns künftig gefährliche Arbeiten, etwa in Katastrophengebieten, aber auch Alltägliches wie Paketzustellung abnehmen. Dazu brauchen wir zuverlässige Regelungsmethoden.“ Aktuell liegt der Fokus seiner Forschungsgruppe darauf, „wie die Roboter wissen, wo sie gerade sind“.

Während Menschen dazu nur zum Smartphone mit eingebautem GPS-Empfänger greifen müssen, benötigen die mobilen Helfer diese Information viel schneller, genauer, mit weniger Rauschen und vor allem ständig. „Da es außerdem nicht überall GPS gibt, konzentrieren wir uns auf andere Sensoren.“ Etwa auf Basis von Kamerabildern, Luftdruck- und Beschleunigungsmessern und der Kompassfunktion. „Diese Signale versuchen wir dann zu verbinden.“ Ist die Frage der Lokalisation geklärt, wird an der Steuerung getüftelt. Weiss' Marsdrohne ist so ein GPS-unabhängiges Werkzeug. Zurzeit arbeitet man am JPL daran, ihre Bausteine weltraumtauglich zu machen. „Wie sie sich am Mars tatsächlich verhält, werden wir erst nach der Mission wissen.“ Jedenfalls werden die Erkenntnisse zu weiteren Entwicklungen führen.

Die AAU biete ihm eine tolle Infrastruktur, schwärmt Weiss. Das Drohnenfluglabor besitze ein Motion-Tracking-System, das die Position der Minihelikopter 350-mal in der Sekunde millimetergenau erfassen kann. „Das ermöglicht sehr genau Navigationsinformationen, aber auch schnelles Reagieren auf Unerwartetes.“ Darüber hinaus sei eine drei Stockwerke hohe Drohnenflughalle mit diesem System in Bau. „Die AAU mit ihrer exzellenten technischen Fakultät und der angesichts des heutigen Konkurrenzdenkens fast unvergleichlich kollegialen Atmosphäre machte es mir leicht, dem Ruf hierher zu folgen.“

Auch die hiesigen Freizeitmöglichkeiten schätzt der sport- und naturbegeisterte Forscher: „Ich lebe jetzt mit Frau und Tochter dort, wo andere Urlaub machen.“

Zur Person

Stephan Michael Weiss (37) studierte Elektrotechnik und Informationstechnologie an der ETH Zürich und promovierte 2012. Nachdem sich die US-Weltraumagentur Nasa für den Algorithmus zur kamerabasierten Navigation von Flugrobotern aus seiner Doktorarbeit interessiert hatte, arbeitete er für sie in den USA weiter daran. 2020 wird eine darauf basierende Drohne einen Marsrover begleiten. Seit 2015 ist er Professor an der Uni Klagenfurt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2018)

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