Das Zusammenspiel Mensch/Roboter

Astrid Weiss untersuchte den sozialen Aspekt von Mensch-Roboter-Interaktionen und befand, dass der Nutzer in vielen Fällen bei der Entwicklung zu wenig beachtet wurde.

Dass das „soziale Reich“ allein den Menschen vorbehalten ist, wird, seit technische Systeme einen immer höheren Grad an künstlicher Intelligenz und Autonomie erreichen, bereits angezweifelt. Astrid Weiss hat in ihrer Dissertation (Soziologie, Uni Salzburg, Betreuung Martin Weichbold und Manfred Tscheligi) nun Daten geliefert, die zeigen, dass Begegnungen zwischen Menschen und Robotern sehr wohl als „soziale Interaktion“ wahrgenommen werden. „Ich konnte im Rahmen eines EU-Projekts, das eigentlich die technische Perspektive der Zusammenarbeit von humanoiden Robotern und Menschen erforschen sollte, den sozialen Aspekt untersuchen“, sagt Weiss. Denn für Ingenieure stehe oft die technische Machbarkeit im Vordergrund. Wie neue Technologien akzeptiert werden, hängt aber stark von der Nutzerseite ab: „Sehr erstaunlich war, wie stark der Kulturkreis die Herangehensweise von Menschen an Roboter beeinflusst.“ Für Japan sollten daher andere Interaktionsmodelle entwickelt werden als für Europa. Dies berücksichtigte Weiss in ihrer Dissertation, in der sie ein neues Rahmenmodell erstellt hat, das dem Ingenieurswesen Richtlinien vorgibt, wie man Mensch-Roboter-Interaktionen auch nutzerzentriert umsetzen kann. Das Modell basiert auf Wissen aus der Psychologie und Sozialwissenschaft. „Und ich konnte es – dank des EU-Projekts – an elf Fallbeispielen mit humanoiden Robotern in ganz Europa überprüfen“, berichtet Weiss. Dem noch sehr jungen Forschungsgebiet der Mensch-Roboter-Interaktionen schlägt Weiss in ihrer Arbeit vor, „neue Kennzahlen zu verwenden, um zu kontrollieren, wie gut ein Roboter funktioniert“. Denn bisher würde zwar gemessen, ob ein Mensch eine bestimmte Aufgabe mit einem Roboter lösen kann, und wenn ja, wie schnell. „Man muss aber auch messen, ob ein Nutzer außerhalb der Testsituation allein mit dem Ding zurechtkommt. Solche Kennzahlen sollen bei der Entwicklung beachtet werden.“ Außerdem dürfen humanoide, also menschenähnliche Roboter nicht als „Selbstzweck“ gebaut werden. Da sollte man stärker die Slogans „Form follows function“ oder „Function follows form“ beachten. „Denn nicht immer ist ein humanoider Roboter der geeignetste für eine Aufgabe.“ Weiss selbst kann ihr Rahmenmodell nun in einem anderen Bereich anwenden: In ihrem PostDoc-Projekt an der Uni Salzburg untersucht sie die Nutzerfreundlichkeit von Robotern im öffentlichen Raum.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2010)

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