Entwaldung in Südostasien

In Südostasien schreitet die Entwaldung rasant voran. Das ist nicht nur ökonomischen Faktoren geschuldet, sondern auch lokalen Machtstrukturen.

Dass die Weltöffentlichkeit beim Thema Entwaldung ausschließlich nach Brasilien blickt, ist nicht gerechtfertigt: Zwischen 1980 und 2000 wurde allein auf der südostasiatischen Insel Borneo mehr Tropenholz „geerntet“ als in Amazonien und Afrika zusammen. Während sich in Brasilien die Lage tendenziell verbessert – mit einem Rückschlag 2013 –, verläuft die Entwaldung in Asien unverändert rasant. Laut einer Forschergruppe um David Gaveau ist das Tempo der Abholzung in Borneo doppelt so hoch wie im Durchschnitt aller tropischen Regenwälder der Welt (PlosOne, 16. Juli).

Aus der Analyse von Satellitenbildern wurde berechnet, dass zwischen 1973 und 2010 die Waldbedeckung von 75,7 Prozent der Inselfläche auf 45,5 Prozent zurückgegangen ist. Und davon ist nur mehr rund die Hälfte unberührter Regenwald.

Man fragt sich, wie es möglich ist, dass die Urwälder derart rasch schwinden können. Einen Einblick in die Mechanismen dahinter gibt das eben erschienene Buch „Raubzug auf den Regenwald“ (Lukas Straumann, 380 S., 25,60 Euro, Salis Verlag). Darin beschreibt der schweizerische Bruno Manser Fonds die Machenschaften eines Politikers in der malaysischen Provinz Sarawak im Norden Borneos: Taib Mahmud bekleidete seit dem Abzug der britischen Kolonialherren 1963 fast durchgehend ein Ministeramt in Malaysia, seit 33 Jahren ist er Chief Minister von Sarawak. Er und seine (angeblich milliardenschwere) Familie kontrollieren unter anderem die Vergabe von Holzkonzessionen sowie zahlreiche weltweit tätige Holzkonzerne.

Ab den 1960er-Jahren wurde ein dichtes Netz von Forststraßen durch den Dschungel geschlagen, riesige Flächen wurden ohne Rücksicht auf die Umwelt und die dort lebenden Menschen geschlägert. Als die Vorräte an wertvollem Tropenholz zur Neige gingen, verlegte man sich vor 15 Jahren auf die Umwandlung der Regenwälder in Palmöl-, Kautschuk- oder Akazienplantagen. Borneoweit sind schon 10,2 Prozent der Fläche solche Pflanzungen – Tendenz stark steigend.

Wie die Entwicklung wohl weitergeht? Die alten Machtstrukturen geraten derzeit in massive Kritik. Abgesehen davon rechnen die Forscher um Gaveau wegen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen damit, dass der Großteil der küstennahen Wälder verschwinden wird. Für den Erhalt der Biodiversität haben sie trotzdem noch ein bisschen Hoffnung, da immerhin die Wälder im gebirgigen Landesinneren noch halbwegs intakt sind.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

meinung@diepresse.com

diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2014)

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