Wort der Woche

Gewiss, findige Firmen bringen Innovationen auf den Markt. Aber, wie das Beispiel Apple zeigt: Ohne staatliche Grundlagenforschung geht gar nichts.

begriffe der WissenschaftOb Apple mit den nun vorgestellten neuen Produkten weiter auf der Erfolgswelle reitet, weiß man noch nicht. Seit Jahrzehnten steht dieses Unternehmen jedenfalls in dem Ruf, ungemein innovativ zu sein. Zweifelsohne hat Apple neue Standards gesetzt. Allerdings: Die Technologien, die der Konzern einsetzt, sind nur in den seltensten Fällen auf dem eigenen Mist gewachsen. Wie die Wissenschaftsforscherin Mariana Mazzucato (Uni Sussex) in ihrem eben auf Deutsch erschienenen Buch „Das Kapital des Staates“ (303 S., 23,60 Euro, Kunstmann) ausführt, stammen alle wichtigen Technologien aus staatlichen Forschungsprogrammen: Flüssigkristallbildschirme und Mikroprozessoren genauso wie Multi-Touchscreens, GPS oder die Spracherkennung Siri – vom Internet gar nicht zu reden.

Ohne öffentliche Forschungsaktivitäten würde es also weder iPhone noch iPad noch Apple geben. Gleiches gelte, so Mazzucato, für andere Branchen wie die Biotechnologie, deren Grundlagen samt und sonders an Uni-Instituten entstanden seien; private Investoren seien erst später auf den fahrenden (milliardenschweren) Zug aufgesprungen.

Die These, die Mazzucato damit vertritt, steht auf den ersten Blick im Gegensatz zur Ansicht von Alois Schumpeter: dass nur Entrepreneure (Menschen mit Unternehmergeist) in der Lage wären, Innovationen zu schaffen. Bei näherer Betrachtung aber verschwindet der Gegensatz: Natürlich benötigt eine florierende Volkswirtschaft risikofreudige Persönlichkeiten. Diese agieren aber nicht im luftleeren Raum, sondern sind in staatliche Strukturen eingebettet. Der Staat setzt Rahmenbedingungen, gibt Anreize, greift bei Marktversagen ein – und hat einen sehr langen Atem.

Die beiden Pole gehören also zusammen, und die Frage, wie man das in einem nationalen Innovationssystem am besten organisieren kann, stellt sich ständig. Eine Antwort Österreichs darauf war die Gründung der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), die kommenden Dienstag ihren zehnten Geburtstag feiert: In ihr vereint sind themenoffene Projekte und thematische Programme zu Inhalten, die von der Politik definiert werden. Da niemand in die Zukunft schauen kann, müssen die Themen natürlich gründlich überlegt und regelmäßig angepasst werden. Aber wenn man Mazzucatos Argumentation folgt, dann ist genau das auch eine Aufgabe des Staates – die reiche Früchte tragen kann.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

meinung@diepresse.com diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2014)

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