Kosten des Klimawandels

Die Kosten des Klimawandels wurden nun erstmals seriös beziffert – sie entsprechen einer Steuerreform. Das Risiko, dass es noch viel schlimmer kommt, ist indes ziemlich groß.

Der Klimawandel ist längst Realität und in unseren Geldbörsen spürbar: Laut einer diese Woche veröffentlichten Studie schlagen die Folgen der Erwärmung in Österreich zurzeit mit jährlich einer Mrd. Euro zu Buche. Bis 2030 werden die Schäden, wie berichtet, auf jährlich 2,4 Mrd. Euro (Bandbreite 2,1 bis 4,2 Mrd.) steigen, bis 2050 auf 4,7 Mrd. Euro (3,8 bis 8,8 Mrd.) – Detailergebnisse sind unter http://coin.ccca.at abrufbar. Bei diesen Zahlen sind Gewinne durch die Erwärmung sowie Anpassungsmaßnahmen bereits berücksichtigt.

Es handle sich um eine äußerst konservative Berechnung, betonte der Leiter des 42-köpfigen Forschungsteams, Karl Steininger (Uni Graz): Erstens wurden nur jene Effekte analysiert, die in Österreich ihren Ausgang nehmen (also etwa keine globalen Krisen). Zweitens wurden nur jene Bereiche in Geld bewertet, in denen es exakt darstellbare Wirkungsketten gibt (z. B. keine Sturmereignisse). Und drittens wurde eine Erwärmung bis zur Jahrhundertmitte um zwei Grad angenommen. Das ist ein moderates Szenario: Es liegt am unteren Ende der Bandbreite, die der UN-Weltklimarat IPCC für möglich hält, und wird infolge der aktuellen CO2-Emissionen wohl deutlich übertroffen werden.

Die berechneten Schadenssummen sind daher als Minimalwerte anzusehen. So weit, so schlimm.

Es könnte aber noch weit schlimmer kommen: Die Klimaforschung hält zwar eine Erwärmung um mehr als 3,5 Grad derzeit für unwahrscheinlich – das bedeutet aber nicht, dass diese nicht doch eintreten könnte. Zwei US-Forscher, nämlich der Harvard-Ökonom Martin Weitzman und der gebürtige Österreicher Gernot Wagner, der seit eineinhalb Jahrzehnten in den USA forscht, haben kürzlich berechnet, dass es eine zehnprozentige Chance für ein wahrhaft apokalyptisches Szenario mit einer Erwärmung um sechs Grad gibt.

Dieses Ergebnis ist erschreckend – und zwar nicht nur deshalb, weil die Folgen einer derart starken Erwärmung kaum vorstellbar sind, sondern auch, weil die angegebene Wahrscheinlichkeit alle Grenzen des herkömmlichen Risikomanagements sprengt. Versicherungen z.B. sind darauf ausgelegt, sehr unwahrscheinliche Ereignisse (etwa einen Wohnungsbrand) aus einem Topf mit regelmäßig eingezahlten Rücklagen (Versicherungsprämien) abzudecken. Bei einer zehnprozentigen Eintrittswahrscheinlichkeit eines sehr hohen Schadens funktioniert dieses Prinzip nicht mehr.

Und das ist keine gute Nachricht.


Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

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diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2015)

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