"Peak Food"

Forscher haben nun einen "Peak Food" ausgerufen. Demnach sind nicht nur fossile Energien endlich – auch erneuerbare Rohstoffe stoßen an Ertragsgrenzen.

Der Begriff „Peak Oil“ ist heute sehr prominent: Gemeint ist damit, dass das Maximum der Erdölförderung irgendwann überschritten wird und die Produktion danach sinkt – was bisher aber nicht eingetreten ist. Forscher haben dieses „Peak“-Konzept nun auf erneuerbare Ressourcen ausgedehnt: Sie haben die Jahresproduktion von 20 nachwachsenden Rohstoffen (v.a. Nahrungsmittel) analysiert und herausgefunden, dass bei 18 von ihnen die Zeiten der höchsten Zuwachsraten vorbei sind: Bei Weizen, Reis, Mais, Soja, Fleisch oder Milch wächst die Produktion zwar jedes Jahr noch weiter, aber deutlich langsamer als noch vor einigen Jahrzehnten. Einzige Ausnahmen sind die Fischzucht in Aquakulturen und erneuerbare Energieträger, bei denen die Produktivität weiter stark zunimmt (Ecology and Society 19(4): 50).

Verblüffend ist, dass die Jahre des „Peak Food“ bei gleich 16 Rohstoffen zwischen 1988 und 2008 lagen. Man müsse akzeptieren, dass auch nachwachsende Rohstoffe an ihre globale Ertragsgrenze kommen, so eine Folgerung der Forscher. Es sei daher fraglich, ob die weiter wachsende Weltbevölkerung in Zukunft noch versorgt werden kann.

Das erinnert stark an die Thesen von Thomas Malthus: Der britische Nationalökonom hat vor rund 200 Jahren festgestellt, dass die Bevölkerung schneller wächst als die Nahrungsmittelproduktion. Mathematisch ausgedrückt: Die Menschen vermehren sich exponentiell, die Lebensmittelherstellung wächst aber nur linear. Langfristig gesehen bedeutet das, dass die Menschheit irgendwann nicht mehr ernährt werden kann.

Nun: Malthus hatte (zumindest bisher) nicht recht. Denn er unterschätzte den technischen Fortschritt: Durch Innovationen wuchs die Nahrungsmittelproduktion viel stärker als von ihm angenommen. Diese positive Entwicklung hat freilich auch seine Kehrseiten, nämlich soziale und vor allem ökologische Probleme.

Was die Zukunft bringt, können wir natürlich nicht wissen. In der Landwirtschaft sind die Voraussetzungen für weitere Produktivitätssteigerungen jedenfalls schwierig: Bei allen derzeit bekannten Faktoren – Sortenzucht, Düngung, Bewässerung, Mechanisierung, Pflanzenschutz, Flächenausweitung – nähert man sich offenbar, wie die neue Studie zeigt, einem Plafond. Unklar ist zudem, ob die Tragfähigkeit der Erde nicht schon ausgereizt ist.

Dennoch: Der Mensch hat sich durch Innovationen schon mehrmals aus der Patsche geholfen!


Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

meinung@diepresse.com

diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2015)

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