Warum Cola-Getränke schon immer in der Kritik stehen

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Die Geschichte einer »Patent- arznei«, die zum Weltbestseller wurde.

Es gibt kaum ein erfolgreicheres Produkt als Cola. Und kaum eines, dessen Zutaten so stark kritisiert werden – von den namengebenden Substanzen aus Coca- und Cola-Pflanzen über Phosphorsäure und Zucker bis hin zur Farbe. Der Grund dafür wurzelt in der Entstehungsgeschichte: Erfunden wurde Cola in den USA als eine „Patentarznei“, also als ein rezeptfreies Mittelchen gegen allerlei Beschwerden. Damals wurden viele Mixturen aus exotischen Zutaten gebraut und mit Hinweis auf altes medizinisches Wissen amerikanischer Ureinwohner beworben.

Ursprünglich enthielt Cola ein Extrakt aus den in Südamerika hochgeschätzten Coca-Blättern. Als klar wurde, dass Kokain süchtig macht, griff der Staat ein; spätestens seit 1902 werden für Getränke nur mehr alkaloidfreie Coca-Extrakte verwendet. Der nächste Kritikpunkt war der Koffeingehalt der Cola-Nüsse –diese gelten in Westafrika traditionell als Wundermittel. Wegen des Vorwurfs, dass Koffein insbesondere für Kinder gefährlich sei, wurden Prozesse gegen die Cola-Hersteller geführt; nach einem Vergleich senkten diese den Koffeingehalt.

Der bittere Coca- und Cola-Geschmack wurde und wird mit viel Zucker überdeckt –was ein Dauerbrenner bei Cola-Kritikern ist und Anlass zu Lightvarianten gab. (Cola enthält nicht mehr Zucker als andere Limonaden oder Fruchtsäfte.) Eine Zeit lang wurde Cola-Getränken auch vorgeworfen, dass sie wegen des hohen Phosphorsäuregehalts Fleisch zersetzen würden –was reiner Humbug ist.

Nun steht die Farbe in der Kritik. Ursprünglich enthielt Cola Karamell, das gleichzeitig süß und braun ist. Später wurden diese beiden Funktionen getrennt: Süße kommt nun ausschließlich von Zucker (in den USA von Maissirup) oder von künstlichen Süßstoffen, die Farbe von Zuckercouleur. Das ist Zucker, der bei Hitze in braune Produkte umgewandelt wird. Bei einer bestimmten Herstellungsweise entsteht auch das bei Mäusen krebserregende 4-Methylimidazol (4-MEI), daher hat der US-Bundesstaat Kalifornien (und nur dieser!) einen Warnwert definiert. Anderswo gibt es keine Begrenzungen, sodass ein VKI-Test diese Woche zu dem Schluss kam, dass neun von 13 bei uns verkauften Cola-Getränken in Kalifornien eine Krebswarnung tragen müssten. Die wissenschaftliche Debatte über das Risiko von 4-MEI läuft derzeit noch, die Cola-Hersteller räumen diesen Kritikpunkt aber vorsorglich aus dem Weg und steigen auf eine 4-MEI-arme Zuckercouleur-Variante um.

Man darf gespannt sein, welche Cola-Zutat als nächste in die Kritik kommen wird.


Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

meinung@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2015)

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