Wie Mais seinerzeit die Welt eroberte

Wie Mais seinerzeit die Welt eroberte und es mit immer neuen Sorten – auch gentechnisch veränderten? – immer noch macht.

Mais gehörte zu den ersten Entdeckungen von Christoph Columbus in der Neuen Welt: Nach der Landung auf Kuba stieß seine Mannschaft auf Felder mit der exotischen Getreideart, spätestens von der zweiten Reise brachte er Körner nach Europa. Von Botanikern zunächst als Kuriosum eingestuft, wurde Mais bald in Spanien heimisch und trat gleich seinen Siegeszug um die Welt an: Die Pflanze gedieh auf Böden gut, die zu feucht für Weizen und zu trocken für Reis waren; zudem lieferte ein Samenkorn mehr als hundert Körner – Weizen brachte nur das Vier- bis Sechsfache der ausgesäten Saat ein. Über den arabischen Raum gelangte Mais schon in den 1530er-Jahren nach China. In Mitteleuropa wurde er ab dem 17. Jahrhundert angebaut, in großem Stil dann ab dem 19. Jahrhundert.

In der öffentlichen Diskussion hat Mais keinen guten Ruf – kritisiert werden die dauerhaften Monokulturen mit großem Wasserverbrauch, Auslaugung des Bodens, Erosion und Anfälligkeit gegenüber Schädlingen. Das Ökosoziale Forum hat diese Woche eine Studie dazu veröffentlicht, in der Forscher der Boku und des Wifo auf die hohe Produktivität und die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten (Ernährung, Futter, Industrie) hinweisen; die meisten Kritikpunkte konnten dabei widerlegt werden (Download auf www.oekosozial.at). Eine Antwort auf die massive Bedrohung durch Schädlinge wie den Maiswurzelbohrer hat derzeit allerdings niemand (erst recht nicht nach dem derzeitigen Verbot von Neonicotinoiden, die als Bienengifte verschrien sind, in der EU).

Der Mais auf unseren Feldern hat nur wenig Ähnlichkeit mit jenen Pflanzen, die Jahrtausende in Zentralamerika kultiviert wurden. Dazwischen liegt ein gigantischer Zuchtfortschritt, der durch die große Dynamik des Mais-Genoms möglich ist. Die Pflanze wurde für Genetiker rasch zu einer Modellpflanze. Kein Wunder, dass Mais auch zu den ersten gentechnisch modifizierten Organismen (GMO) zählte: 1996 kamen erste Genmaissorten auf den Markt, die gegen Schädlinge bzw. Pflanzenschutzmittel resistent sind. In den USA wachsen auf 93 Prozent der Maisflächen GMO, weltweit sind es 31 Prozent.

Die jüngste „Errungenschaft“ ist eine dürretolerante Maissorte mit Bakteriengenen, die wichtige Zellfunktionen auch in Stresssituationen aufrechterhalten. 2013 wurden die ersten Pflanzen in den USA angebaut, in der Vorwoche hat die EU deren Einfuhr als Futter- und Lebensmittel zugelassen.

Die Reise des Maises um die Erde geht weiter.


Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

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diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2015)

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