Neue Gründerzeit für Österreich

Experten fordern für Österreich eine neue Gründerzeit. Nur so ließe sich die Wirtschaft modernisieren und der Lebensstandard halten. Leider haben das noch nicht alle begriffen.

Bis zur Eröffnung der heurigen NÖ Landesausstellung war Andreas Töpper außerhalb des Bezirkes Scheibbs so gut wie unbekannt. Allenfalls einige Wirtschaftshistoriker wussten, dass dieser Mann – aus einfachen Verhältnissen kommend – in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein riesiges Wirtschaftsimperium aufbaute: Töpper steuerte am Ende den größten Eisenkonzern der Monarchie. Die Basis dafür waren einige Innovationen, die es erlaubten, hoch qualitative Eisenbleche in beliebiger Stärke herzustellen. Auf dem ehemaligen Werksgelände im kleinen Ort Neubruck wird nun im Rahmen der „ÖTSCHER:REICH“-Ausstellung sein Lebenswerk einer breiten Öffentlichkeit in Erinnerung gebracht.

Im Umfeld Töppers stößt man dabei auf unzählige bekannte Namen: von Leopold Werndl über Franz Freiherr Mayr von Melnhof bis hin zu Franz von Wertheim. Allesamt Gründer von bis heute florierenden Unternehmen. Österreich wird immer wieder nachgesagt, relevante Entwicklungen zu verschlafen. Für die Mitte des 19. Jahrhunderts stimmt das sicher nicht: Damals war eine echte Gründerzeit ausgebrochen. In dieser Aufbruchstimmung nutzten findige Persönlichkeiten neue Technologien und die Konjunktur bestimmter Branchen und gründeten Firmen von Weltruf.

Heute ist das auf jeden Fall anders. Im aktuellen „Bericht zur wissenschaftlichen und technologischen Leistungsfähigkeit“, den der Forschungsrat diese Woche präsentiert hat, wird die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmensgründungen als eines von fünf prioritären Handlungsfeldern aufgeführt (www.rat-fte.at). Ohne die Gründung innovativer Firmen bleibt eine Modernisierung der Wirtschaftsstruktur aus, argumentierte schon der Ökonom Joseph Schumpeter, er nannte diesen Prozess „kreative Zerstörung“. Kaum ein Wirtschafts- und Innovationsforscher widerspricht. Folgerichtig forderte der nunmehrige VP-Staatssekretär Harald Mahrer in seinem jüngsten Buch eine „Neue Gründerzeit“, so der Titel (Verlag noir) – eine „Zeit neuer wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Dynamik“, ein neues „Mindset“, ein „Klima, in dem die Zukunft wieder spannend wird“.

Wie recht er hat, haben leider noch nicht alle begriffen. Anders ist es nicht erklärbar, dass viele Initiativen, die Gründern das Leben und Forschern die Finanzierung erleichtern würden, immer wieder in parteipolitischen Spielchen stecken bleiben.

Das ist Gift für die Zukunft Österreichs.


Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

meinung@diepresse.com

diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2015)

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