Wechselwirkungen zwischen Klima und Boden

Man weiß, dass es zwischen Klima und Boden viele Wechselwirkungen gibt. Wir verstehen aber erst einen Teil der Mechanismen.

Die vom Menschen verursachten CO2-Emissionen, über die gerade bei der UN-Weltklimakonferenz in Paris verhandelt wird, sind ein wichtiger Faktor im Kohlenstoffkreislauf der Erde. Aber nicht der einzige. Neben Pflanzen- und Tierwelt sowie den Ozeanen spielen auch die Böden eine zentrale Rolle: Im Boden ist dreimal so viel Kohlenstoff gespeichert, wie in der Atmosphäre enthalten ist.

Diese dünne Schicht ist ein äußerst komplexes Gemisch aus Gesteinen und Lebewesen (v. a. Mikroorganismen). Wenn abgestorbene Pflanzen und Tiere zu Boden fallen, wird ein Teil der Biomasse abgebaut, und das vorher durch die Fotosynthese gebundene CO2 entweicht wieder in die Atmosphäre. Ein Teil wird aber zu Humus und verbleibt längere Zeit im Boden. Wie das alles im Detail funktioniert, ist erst in Ansätzen bekannt.

Daher tappt die Forschung auch bei den Folgen der globalen Erwärmung für den Boden noch weitgehend im Dunkeln. Einem Grundgesetz der Chemie – der „Arrhenius-Gleichung“ – zufolge erhöht sich mit steigender Temperatur die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen. Das bedeutet auch, dass sich die Abbauprozesse im Boden in einer wärmeren Welt beschleunigen und die CO2-Ausgasungen steigen würden. Allerdings ist die Realität viel komplizierter: Forscher der Uni Wien und des IIASA in Laxenburg haben nun herausgefunden, dass sich mit der Temperatur auch die Zusammensetzung der Mikroben-Gemeinschaften im Boden ändert; daher könnte es sein, so die Forscher, dass sich die Abbauprozesse im Boden gar nicht beschleunigen (Nature Communications 1. 12.).

Es gibt viele verschiedene Typen von Böden, und jeder reagiert anders. Weithin unbekannt ist etwa, wie Permafrostböden (in denen große Mengen Treibhausgase gespeichert sind) reagieren werden. Man stößt dabei ständig auf neue Fakten: So hat eine österreichisch-russische Forschergruppe kürzlich herausgefunden, dass die arktischen Sümpfe viel größer sind als bisher angenommen.

Vielen Vorgängen im Boden ist der Mensch aber nicht einfach ausgeliefert, wie beim gestrigen „Tag des Bodens“ vielfach betont wurde: Durch unsere Art, wie wir ihn bewirtschaften, können wir den Kohlenstoffhaushalt maßgeblich beeinflussen. In der Wissenschaft herrscht Konsens, dass wir viel sorgsamer mit unseren Böden umgehen müssen. Und zwar nicht nur des Klimas wegen, sondern auch aus einem zutiefst egoistischen Interesse heraus: Nur gesunde Böden sind auf Dauer fruchtbar und können die Welt ernähren.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

meinung@diepresse.com

diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2015)

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