Palmöl

Die wirtschaftlichen Vorteile von Palmöl sind enorm, es gibt derzeit keine echte Alternative. Dennoch zeigt die Kritik von Naturschützern an dem Urwald-Killer Wirkung.

Für engagierte Naturschützer ist Palmöl der Gottseibeiuns der biogenen Rohstoffe. Seit 1990 hat sich die Anbaufläche auf 18 Mio. Hektar verdreifacht (das ist mehr als zweimal Österreich), alljährlich wächst sie um 15 Prozent. Die aus Westafrika stammende Ölpalme wird vor allem in Indonesien und Malaysia in großem Stil angepflanzt. Für nicht wenige Plantagen wird Regenwald gerodet, dadurch wird viel CO2freigesetzt und der Lebensraum z. B. von Orang-Utans zerstört. In den Monokulturen leben nur halb so viele Pflanzen- und Tierarten; kürzlich wurde das auch für Vögel gezeigt (PlosOne 25. 5.).

Die Nachfrage nach Palmöl steigt enorm – aus guten Gründen: Ölpalmen liefern pro Hektar dreimal mehr Öl als Raps und sechsmal mehr als Soja; Palmöl ist daher deutlich billiger. Für viele Anwendungen hat das Fett aus dem Fruchtfleisch der Palmen ideale Eigenschaften: Es ist halb fest, geschmacksneutral und hitzestabil, wird nicht ranzig und ist leicht verarbeitbar. Die landläufige Meinung, dass Biodiesel schuld am Palmöl-Boom ist, ist übrigens falsch: Nur rund fünf Prozent der Ernte werden für Energiezwecke genutzt – mehr als zwei Drittel hingegen für industriell verarbeitete Lebensmittel, in denen Butter und Pflanzenöle in den vergangenen Jahren still und flächendeckend durch Palmöl ersetzt wurde.

Was also tun? Eine wichtige Initiative ist die Nachhaltigkeitszertifizierung (RSPO), für die kein Urwald gerodet werden darf. Das ist Aktivisten aber viel zu wenig, sie kämpfen daher an vielen Fronten: Neben Boykottaufrufen wurde etwa kürzlich in Frankreich ein vierter Anlauf für eine Sonderabgabe auf Palmölprodukte („Nutella-Steuer“) genommen – der erneut gescheitert ist. Kaum besser wird es einem Vorschlag ergehen, den Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter diese Woche gemacht hat: die Verwendung von Butterfett statt Palmöl zu fördern.

Zwar gibt es in den Hauptabnehmerländern Indien und China weiterhin kein Problembewusstsein, dennoch zeigt der Druck auf die Produzenten Wirkung, wie eine Studie australischer Biologen zeigt (Cogent Environmental Science, 26. 5.). Sie bemängeln allerdings, dass zu wenig Transparenz herrsche. Das zeigt auch eine aktuelle Untersuchung des Kosmetikkonzerns L'Oréal: Bei einer Analyse der Beschaffungsketten konnten 80 Prozent der Palmölprodukte bis zu einer Raffinerie und 50 Prozent bis zu einer Ölmühle zurückverfolgt werden. Es gibt also noch viel zu tun.


Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

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diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2016)

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