„Carbon Capture and Storage“

Da es offenkundig nicht gelingt, die CO2-Emissionen zu senken, rücken technische Verfahren in den Fokus, um das Treibhausgas wieder aus der Atmosphäre zu entfernen.

Dass bei der – an sich lobenswerten – Steuerreform, die die Regierung diese Woche präsentiert hat, erneut keine Ökologisierung des Steuersystems erfolgt, ist leider nicht ungewöhnlich. In praktisch allen der 195 Länder, die sich im Pariser Weltklimavertrag zu CO2-Reduktionen verpflichtet haben, werden Klimaschutzmaßnahmen auf die lange Bank geschoben. Die Weltgemeinschaft steuert sehenden Auges auf eine große Krise zu. Daran können offenbar selbst so dramatische Daten nichts ändern, wie etwa dass der April laut ZAMG der dreizehnte (!) zu warme Monat in Folge war.

Da ein Sinken der Emissionen derzeit außer Reichweite scheint, rücken Maßnahmen, mit denen CO2 wieder aus der Atmosphäre entfernt werden könnte, verstärkt in den Fokus. Auch in der Forschung: Unter dem Schlagwort „Carbon Capture and Storage“ (CCS) werden zur Zeit viele Verfahren entwickelt, um das Treibhausgas einzufangen und langfristig zu speichern.

Das geht weit über bekannte Ansätze wie etwa Aufforsten oder das Hineinpressen von CO2 in leere Erdgasspeicher hinaus. In den vergangenen Wochen erschienen gleich zwei aufsehenerregende Studien, wie CO2 in Gestein umgewandelt und so der Atmosphäre dauerhaft entzogen werden könnte. Bei einem Großversuch namens „CarbFix“ in einem isländischen Geothermie-Kraftwerk zeigte eine internationale Gruppe, dass CO2, das im Rückfluss des warmen Wassers in den Boden aufgelöst wurde, zu 95 Prozent mit Kalzium- und Magnesium-Ionen im Basalt reagiert und Kalk und andere Karbonate bildet (Nature Communications, 30. 4.).

Ähnliches könnte bei industriellen Prozessen gelingen, bei denen alkalische Nebenprodukte anfallen, z. B. Hochofenschlacke, Kohlenasche, Rotschlamm oder auch Bauschutt. Durch recht einfache Technologien könnte man CO2 in solchen Materialien langfristig binden, meint der schottische Forscher Phil Renforth (Nature Communications, 28. 3.). Er rechnet vor, dass damit rund drei Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr gebunden werden könnten – das entspricht fast einem Zehntel der derzeitigen Emissionen. Und es ist das Doppelte dessen, was großflächiges Aufforsten bringen könnte, aber ohne dass dafür große Flächen notwendig wären.

Eine Senkung des CO2-Ausstoßes muss natürlich weiterhin oberste Priorität haben. Aber es steht zu befürchten, dass wir zusätzliche technische Maßnahmen brauchen werden, damit unser Planet nicht gänzlich lebensfeindlich wird.


Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

meinung@diepresse.com

www.diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2019)

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