Neue Studie

Man kann nicht gleichzeitig niedrige CO2-Emissionen und ein hohes Pro-Kopf-Einkommen erreichen, sagt eine neue Studie.

Wie man diese Woche erfuhr, kostet Österreich das Verfehlen der Klimaschutzziele nicht weniger als 690 Millionen Euro. So viel ist mindesten erforderlich, um die negative Bilanz durch den Kauf von – derzeit billigen – CO2-Emissionszertifikaten auszugleichen. Österreichs Treibhausgasausstoß lag 2010 bei 84,6 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten, verpflichtet hatte sich die Republik zu einer Absenkung auf 68,8 Mio. Tonnen.

CO2 macht dabei 72,3 Mio. Tonnen aus – der Rest sind andere Treibhausgase, v. a. Methan und Lachgas. Diese Statistik, die die Emissionen im Inland wiedergibt, täuscht aber: Sie täuscht darüber hinweg, dass wir für einen wesentlich höheren CO2-Ausstoß verantwortlich sind. Wenn man alle Emissionen bei der Produktion aller Güter und Dienstleistungen, die in Österreich verbraucht werden, zusammenzählt, dann kommt man auf etwas mehr als 100 Millionen Tonnen CO2. Denn wir importieren sehr viele Güter – und die dabei anfallenden Emissionen müssen fairerweise uns zugerechnet werden. Vergleichsweise wenig ins Gewicht fällt, dass Österreich die Emissionen für exportierte Güter, etwa Stahlerzeugnisse, abziehen könnte.
Wenn man die Handelsströme in die CO2-Bilanzen aller Länder einbezieht, dann kommt man zu einem viel realistischeren Bild darüber, wer auf der Welt für wie hohe Emissionen verantwortlich ist. Und es ändern sich auch alle Abschätzungen für den Zusammenhang zwischen Emissionen, Wirtschaftswachstum und Lebensstandard – ein derzeit heiß beforschtes Thema, denn Klimaschutz soll ja auch wirtschaftlich und sozial verträglich sein.
So ein Rechnung hat Julia Steinberger (Uni Klagenfurt und University Leeds) durchgeführt. Die Ergebnisse eröffnen völlig neue Einsichten: Demnach liegen in allen kohlenstoffexportierenden Staaten sowohl die Lebenserwartung als auch das Einkommen in einem mittleren Bereich. Unter den Kohlenstoffimporteuren finden sich hingegen die beiden Extreme: die ärmsten und am wenigsten entwickelten Länder bzw. die reichen OECD-Staaten.

Ein Ländervergleich zeigt, dass es zwar möglich ist, niedrige CO2-Emissionen und eine hohe Lebenserwartung zu erzielen – aber nur um den Preis, dass höchstens ein mittleres Einkommensniveau erreicht wird. Bei sehr hohem Pro-Kopf-Einkommen widersprechen sich hingegen wirtschaftliche Ziele und Umweltziele. Das ist ein erschütterndes Ergebnis, da immer mehr Länder ein höheres Einkommen haben werden. Allerdings gibt es in Steinbergers Analyse auch einen Hoffnungsschimmer: Denn es gäbe eine große Vielfalt von Entwicklungsmöglichkeiten in den Ländern, die nicht notwendigerweise den globalen Trends folgen müssten.

martin.kugler@diepresse.com

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