Kann ein Baum eigentlich frieren?

In den Zellen der Pflanzen bildet sich ein „Frostschutzmittel“.

Nicht nur Menschen frieren. Sondern auch Waldbäume leiden unter tiefen Temperaturen. Die Stämme ziehen sich zusammen. Mit welchen Mechanismen trotzen Bäume extremer Kälte? Und: Was passiert, wenn es zu viel wird?

„Temperaturen bis minus 20 Grad Celsius sind in der Regel kein Problem“, sagt Markus Neumann, Leiter des Instituts für Waldwachstum und Waldbau des Bundesforschungszentrums für Wald. Ab minus fünf Grad Celsius werden Bäume im Winter etwas schlanker: einerseits, weil sich das Holz durch die niedrige Temperatur zusammenzieht. Andererseits, weil der Baum möglichst viel Flüssigkeit abzieht: quer, also direkt ins Innere.

„Das passiert, damit die Zellen nicht zerreißen. Zugleich erhöht sich so die Salzkonzentration“, so Neumann. Ein natürliches Frostschutzmittel also, der Gefrierpunkt sinkt. Die Verteilung des Wassers im Holz hängt von der Baumart ab. Bei Fichte, Buche, Lärche oder Eiche haben die Waldforscher im „europäischen Waldmonitoring“ nachgewiesen, dass der Stamm bei großer Kälte schrumpft: um bis zu ein Prozent vom Umfang. Bei Wärme dehnt sich der Baum wieder aus.

Die äußerste Rindenschicht, die sogenannten Borke, enthält von Haus aus wenig Wasser. Dort bilden Lufteinschlüsse eine zusätzliche Isolierung. Eine Schutzschicht, die in höheren Lagen dicker ist, so Neumann. Man habe etwa beobachtet, dass Fichten und Lärchen in Murau auf einer Seehöhe von 1540 Metern dickere Borken haben als Bäume in niedrigeren Lagen.

Aber auch einem Baum kann es zu viel werden: Ein Phänomen ist das Platzen der Stämme der Länge nach. „Man geht davon aus, dass es durch das Schrumpfen zu Spannungen kommt“, sagt der Forscher. Eine These ist, dass Bäume reißen, wenn sie auf der einen Seite von der Sonne bestrahlt werden, während die andere im eisigen Schatten liegt. Wissenschaftlich belegt ist das aber noch nicht.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2015)

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